Sprechen, Lesen, Schreiben und Zählen: Bislang weiss man noch wenig über die Entwicklung dieser Fähigkeiten im Gehirn. Ernie und Bert von der Sesamstrasse unterstützen die Forscher jetzt bei ihrer Arbeit.
Ein britisches Forscherteam hat Kindern und Erwachsenen ins Gehirn geschaut, während sie die Sesamstrasse ansahen. Mit den erstellten neuronalen Landkarten konnten die Forscher schon vor einem Folgetest sagen, wie gescheit die Probanden sind. Zudem erkannte das Team von der Universität Rochester damit, ob ein Kind eher sprachlich oder mathematisch begabt ist.
Die Wissenschaftler um die Neurobiologin Jessica Cantlon hatten die Gehirne mittels funktioneller Kernspintomographie (fMRI) beobachtet, während die Sesamstrasse über einen Bildschirm flimmerte. Sie berichten darüber im Fachjournal „PLOS Biology“.
In Zukunft solle diese Methode helfen, die Entwicklung des Gehirns besser zu verstehen, berichtete die Universität am Donnerstag. Ausserdem erhoffen sich die Forscher Erfolge bei der Diagnose und der Therapie von Kindern mit einer Lernschwäche.
Sprache und Mathe im Gehirn
Während der Messung betrachteten die Kinder Ausschnitte der Sesamstrasse bei denen es um Zahlen, Wörter und geometrische Formen ging. Je nach Thema waren im Gehirn der Kinder unterschiedliche Bereiche aktiv. Wörter und Sprache führten zu einer Zunahme der Aktivität in einem Bereich der als Broca-Areal bezeichnet wird, während mathematische Themen zu einer Aktivierung im sogenannten Intraparietalen Sulcus führten. Damit belegt die Studie frühere Erkenntnisse über diese Hirnregionen.
Die Auflösung der Kernspintomographie war erstaunlich hoch: Insgesamt erfassten die Forscher 40’000 Punkte im Gehirn der Kinder und bestimmten dort alle zwei Sekunden die neuronale Aktivität. Aus dieser Datenflut erstellten sie hochauflösende Landkarten von den Gehirnen der kleinen Probanden. Nach der Messung wurden die Kinder auf ihre sprachlichen und mathematischen Fähigkeiten getestet.
Danach verglichen die Forscher die Daten der Kinder mit denen der Erwachsenen. Kinder, deren Gehirn beim Schauen der Sesamstrasse eine vergleichbare Aktivität wie das Gehirn von einem Erwachsenen zeigte, schnitten im Test deutlich besser ab. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Entwicklung des Gehirns klaren Regeln folgt und sogar messbar ist.
Beim Fernsehen beobachtet
Neu ist diese Methode nicht – im Gegensatz zu früheren Studien setzten die Forscher aber diesmal bei der Bestimmung der Gehirnaktivität auf eine alltägliche Situation: Fernsehen. Bisher wurden den Probanden in ähnlichen Studien nur einzelne Bilder gezeigt: Gesichter, Formen, Wörter oder Zahlen. Diese weit weniger komplexe Situation, ermöglichte keine verlässliche Aussage über die geistigen Fähigkeiten der Testpersonen.