Das 2:1 des FC Sevilla gegen Leicester City ist das knappste der acht Hinspielresultate in den Champions-League-Achtelfinals. Die Spanier sind vor dem Rückspiel in England entsprechend vorsichtig.
Das Resultat im Hinspiel steckt dem FC Sevilla noch immer in den Knochen. Das 2:1 gab die Dominanz der Spanier in keiner Weise wieder. Im Prinzip hätte Sevilla das Achtelfinal-Duell gegen den taumelnden englischen Champion schon im Heimspiel entscheiden müssen. Nun aber muss sich Sevillas Trainer Jorge Sampaoli vorsichtig geben: «Wir werden unter grossen Druck geraten. Nun ist Leicester wieder so gefährlich wie vor einem Jahr.»
Dass die Rollen von Favorit und Aussenseiter in diesem Achtelfinal nicht mehr so klar verteilt sind wie noch vor dem Hinspiel, ist aber nicht bloss auf das Resultat von vor drei Wochen zurückzuführen. Einen Tag nach dem 1:2 in Spanien wurde Meistertrainer Claudio Ranieri bei Leicester entlassen. Seither hat das Team unter dem neuen Trainer Craig Shakespeare beide Spiele in der Premier League gewonnen, darunter immerhin auch gegen den FC Liverpool (3:1).
Während sich die Engländer übers Wochenende ein dreitägiges Trainingslager in Dubai gönnten, wurden die Spanier am Samstag im eigenen Stadion vom Publikum ausgepfiffen. Das 1:1 gegen Aufsteiger Leganes bestätigte den leichten Abwärtstrend der letzten Wochen. Zuvor hatte es schon gegen Alaves, ebenfalls ein Aufsteiger, nicht zum Sieg gereicht, weshalb Sevilla plötzlich wieder um die direkte Qualifikation für die nächste Champions League zittern muss. Das viertklassierte Atletico Madrid, am Samstag zu Gast im Estadio Sanchez Pizjuan, liegt nur noch fünf Punkte zurück.
Es sind daher durchaus wegweisende Tage für den FC Sevilla. Setzt er sich gegen Leicester durch und schlägt dann auch Atletico, steht er erstmals seit 1958 in den Viertelfinals der Champions League beziehungsweise des Meistercups und mit anderthalb Beinen im nächstjährigen Wettbewerb. Falls dies nicht gelingt, dürften die Unruhe im Klub grösser und die Diskussion um Trainer Sampaoli lauter werden. Der Chilene gilt zusammen mit Juventus-Coach Massimiliano Allegri als aussichtsreichster Anwärter auf die Nachfolge von Luis Enrique im FC Barcelona.
Juventus und die Schiedsrichter
Allegri selbst konnte sich in Turin ebenfalls nicht mit der gewünschten Ruhe auf das Achtelfinal-Rückspiel mit Juventus gegen den FC Porto vorbereiten. Immerhin dürften die Italiener im Heimspiel gegen die Portugiesen nach dem 2:0 im Hinspiel kaum noch stolpern. Seit Einführung der Champions League hat noch nie ein Team vor eigenem Publikum einen 2:0-Vorteil aus der Hand gegeben.
Dass derzeit rund um Juventus keine Ruhe herrscht, hat mit dem Meisterschaftsspiel vom vergangenen Freitag gegen Milan zu tun, das die Turiner dank eines vom Torrichter in der Nachspielzeit der Nachspielzeit erfundenen Handspenaltys 2:1 gewannen. Seither werden in Italien mal wieder landauf landab Verschwörungstheorien gesponnen.
Dabei bilden die Fakten zusammen mit der Missgunst einen gefährlich emotionalen Cocktail. Zuletzt war Juventus schon gegen Inter Mailand (1:0) und Napoli (3:1) erst nach offensichtlichen Fehlentscheiden des Schiedsrichters zu Heimsiegen gekommen. Ausserdem hatte der Meister am vorletzten Wochenende auswärts gegen Udinese (1:1) sein Tor aus klarer Offsideposition erzielt.
Beim polarisierenden Erfolgsklub aus dem Norden schaut Fussball-Italien nach Fehlern der Unparteiischen etwas genauer hin als bei anderen Vereinen. Die Zeitlupen und Replays werden etwas länger seziert. Noch sind die Wunden der von der früheren Juventus-Führung orchestrierten Schiedsrichtermanipulation aus dem Jahre 2006 nicht verheilt.