Für die Stubenfliege endet Sex oft tödlich: Denn ihr typisches Summen bei der Kopulation verrät ihrem ärgsten Feind, der Fledermaus, ihre Position. Diese ortet die Sexgeräusche und vertilgt dann gleich beide Partner, wie deutsche Wissenschaftler bei Experimenten in einem Stallgebäude herausgefunden haben.
Sie zeigen, dass erst der Sex die normalerweise unbemerkt an der Wand sitzenden Fliegen für das Ortungssystem der Fledermäuse sichtbar macht. Bis zu einem Viertel der Fliegenpaarungen ende daher mit einem Fledermausangriff, berichten die Forscher vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen im Fachmagazin „Current Biology“.
„Lange Zeit war es rätselhaft, wie die Fransenfledermäuse (Myotis nattereri) es schaffen, so viele Fliegen zu fangen“, schreiben die Forscher. Denn nachts, wenn die Fledermäuse aktiv sind, sitzen die tagaktiven Stubenfliegen (Musca domestica) ruhig an der Wand oder Decke von Gebäuden.
Für die Echoortung sind sie dann nahezu unsichtbar. Denn das schwache Insektensignal werde vollständig von den massiven Störsignalen der unebenen Wand überdeckt, berichten die Forscher. Selbst wenn die Fliege auf der Wand umher laufe, könne die Fledermaus sie nicht orten.
Verräterisches Summen lockt Fledermaus an
„Bei der Paarung geben die Fliegen einen Schub von klickenden Breitbandsignalen ab – wahrscheinlich erzeugt vom Flügelflattern des Männchens“, erklären die Wissenschaftler. Für den Menschen sei dieses Geräusch als tiefes Summen hörbar.
Und auch die Fledermäuse nehmen dieses verräterische Geräusch wahr und reagieren prompt: „Tonaufnahmen dieses Summens reichten schon aus, damit die Fledermäuse den Lautsprecher angriffen“, berichtet Erstautor Björn Siemers. Andere ihnen vorgespielte Töne hätten die Tiere dagegen ignoriert.
Das zeige, dass die Fledermäuse gezielt auf die Paarungsgeräusche der Fliegen reagierten. In den vier Jahren der Beobachtungszeit seien 26 Prozent der kopulierenden Fliegen von Fledermäusen angegriffen worden. Gut die Hälfte dieser Angriffe verlief erfolgreich, meist vertilgte der Räuber gleich beide Sexpartner. „Dem Geräusch der Paarung zu folgen, verhalf den Fledermäusen typischerweise zu einem doppelten Mahl“, schreiben die Forscher.
„Viele Tiere verraten sich beim Sex durch typische Geräusche, zudem sind sie weniger aufmerksam“, erklärt Studienleiter Stefan Greif. Das erhöhe die Gefahr für die Kopulierenden und mache es Angreifern leichter. Die Fledermäuse und Fliegen seien ein erstes Beispiel für diesen Mechanismus.
Insgesamt vier Jahre lang hatten die Biologen für ihre Studie das Verhalten von Fliegen und Fledermäusen in einem Stallgebäude beobachtet und gefilmt. In Experimenten testeten sie zusätzlich, wie die Fledermäuse auf tote Fliegenpaare und auf verschiedene Tonaufnahmen reagierten. In allen Tests erwies sich eindeutig das Geräusch als das verräterische Signal.