Die Ausgangslage für das Schweizer Nationalteam ist im Hinblick auf den weiteren EM-Verlauf vielversprechend. Schon einmal löste eine SFV-Auswahl gegen Rumänien eine landesweite Euphorie aus.
Die eher unberechenbare EM-Aufgabe gegen Albanien hat die Schweiz gelöst. Ohne Glanz zwar, aber mit dem maximalen Ergebnis. In der Gestik und Mimik der Schweizer Spieler waren zumindest Spuren der allgemeinen Erleichterung erkennbar. Und die öffentliche Aufarbeitung des 1:0-Erfolgs lässt den Schluss zu, dass die selbstkritischen Sieger den Wert des gelungenen Auftakts in Lens exakt einzuschätzen wissen.
Von 20, 30 guten Minuten war die Rede, von zu vielen einfachen Fehlern. Matchwinner Fabian Schär wählte gar einen deutlichen Ansatz: «Wir können uns grundsätzlich in allen Belangen steigern.»
Und doch: Die Tendenz stimmt, die Konstellation von Paris ist vielversprechend. Die Schweizer können ab 18 Uhr im Parc des Princes ihr primäres Ziel, frühzeitig den Vorstoss unter die Top 16 zu schaffen, mit einem Sieg gegen Rumänien erreichen. Am letzten Spieltag stünde dann gegen EM-Gastgeber Frankreich das Direktduell um den Gruppensieg an.
Rumänien hingegen wird mehr riskieren müssen. Darauf dürfte Taktiker Vladimir Petkovic spekulieren. Die Osteuropäer, aggressiv und robust wie die Albaner, aber defensiv markant besser organisiert, sind nach dem 1:2 gegen die Franzosen mindestens auf ein Remis angewiesen.
Punktet Shaqiri?
22 Jahre nach dem legendären 4:1-WM-Triumph der Schweiz um Alain Sutter, Stéphane Chapuisat, Adrian Knup und Co. begegnet die SFV-Auswahl wieder in einem kursweisenden Endrunden-Duell Rumänien. Der Generation der vielen teuren Talente und Hoffnungsträger bietet sich die Chance, auch im weiteren Sinne kräftig zu punkten.
Xherdan Shaqiri denkt gerne im grossen Rahmen. Der Spielmacher der Schweizer, der die Klasse besitzt, auch mitten im Rampenlicht solo für den Unterschied zu sorgen, versteckte sich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda in Bezug auf die angestrebte Achtelfinal-Qualifikation nicht hinter leeren Worthülsen: «Ich bin sicher, dass wir das schaffen. In den ganz wichtigen Spielen waren wir immer präsent und bereit.»
Sie hätten ohne Ausnahme «die Resultate erzielt, die der Trainer verlangte und welche das Publikum von uns erwartete – das zählt.» Shaqiri hält es für möglich, sich in Frankreich den Status der Überraschungsmannschaft zu erkämpfen. In erster Linie hätten sie aber vor, eine Runde weiterzukommen: «Dann ist vieles offen – wie immer in einem einzigen Spiel.»
Petkovics Chance, Knups Präzisierung
Im wichtigsten Spiel seit dem Achtelfinal-Out gegen Argentinien im letzten WM-Sommer steht das Ensemble von Vladimir Petkovic im Fokus der ganzen Nation. Der Tessiner mit Wurzeln auf dem Balkan, der nicht nur vereinzelt auf beträchtliche Skepsis stösst, könnte dabei eine Premiere zelebrieren – den zweiten Sieg mit einer Schweizer Equipe innerhalb eines EM-Turniers; im Lebenslauf von Artur Jorge (1996) und Köbi Kuhn (2004, 2008) fehlt diese nicht ganz unerhebliche Passage.
Während der mehrheitlich souveränen Qualifikations-Kampagne dosierten die Schweizer das Spektakel. Kritische Beobachter unterstellten ihnen vereinzelt den Hang zum Minimalismus. Im EM-Vorprogramm hallte nur der mitreissende Umschwung gegen die Slowenen (3:2) nach.
Noch fehlt in der bald zweijährigen Ära von Petkovic der Abend, der alles überstrahlt, das Spiel, von dem die Anhänger auch Jahre später noch schwärmen. Beim vor allem wegen der ungewöhnlichen Begleitumstände schwierigen Auftakt gegen Albanien genügte es, die Nerven nicht zu verlieren und langjährige Erfahrungswerte auszuspielen.
Relevante Grössen früherer Nationalmannschafts-Tage und Beobachter trauen dem aktuellen Kader durchaus zu, einen geschichtsträchtigen Effort zu leisten. Basels Vize-Präsident Adrian Knup, 1994 in Detroit WM-Doppeltorschütze gegen Rumänien, mit 26 Treffern in 49 Länderspielen die Nummer 6 im SFV-Ranking, präzisiert: «Aber nur, wenn alle im Team ihr Potenzial einmal gleichzeitig auf den Rasen bringen.»
Die mögliche Schweizer Aufstellung:
1 Sommer (Borussia Mönchengladbach); 2 Lichtsteiner (Juventus Turin), 22 Schär (Hoffenheim), 20 Djourou (Hamburger SV), 13 Rodriguez (Wolfsburg); 11 Behrami (Watford), 10 Xhaka (Borussia Mönchengladbach); 23 Shaqiri (Stoke City), 15 Dzemaili (Genoa), 18 Mehmedi (Bayer Leverkusen); 9 Seferovic (Eintracht Frankfurt).