Nach wie vor riskieren Personalvertreter in vielen Schweizer Betrieben Repressalien oder gar die Kündigung, wenn sie sich für die Interessen der Angestellten einsetzen. Der Gewerkschaftsbund reaktiviert deshalb eine Klage bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).
Viele Arbeitgeber sehen es auch heute noch nicht gerne, wenn sich ihre Angestellten gewerkschaftlich betätigen. Nach Feststellungen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) kommt es immer wieder zu Kündigungen, die mit dem Engagement in einer Personalkommission zusammenhängen oder sich gegen gewerkschaftliche Vertrauenspersonen richten.
Dies zeigt der SGB in einem Schwarzbuch zu gewerkschaftsfeindlichen Kündigungen auf, das am Montag an einer Medienkonferenz in Bern vorgestellt wurde. Die in der Verfassung garantierte Vereinigungsfreiheit werde damit zur Farce, schreibt der SGB in den Medienunterlagen.
Gewerkschaftsfeindliche Kündigungen seien aber nicht nur verfassungswidrig. Sie verletzten auch das ILO-Abkommen, das Gewerkschafter vor missbräuchlicher Kündigung schützt und dem auch die Schweiz beigetreten sei, schreibt der SGB.
Da sich die „bürgerlich dominierte Politik“ in der Schweiz weigere, effektive Sanktionen gegen gewerkschaftsfeindliche Kündigungen einzuführen, wolle der SGB die im Jahr 2003 bei der ILO eingereichte, aber seit 2009 suspendierte Klage reaktivieren.
Auf Eis gelegt
Die Klage war damals auf Betreiben des SGB eingefroren worden, weil der Bundesrat Vorschläge unterbreitet hatte, um die Situation zu verbessern. „Die bürgerlichen Parteien und die Arbeitgeber lehnten die minimalsten Vorschläge des Bundesrats jedoch ab, so dass die Vorschläge wieder in der Schublade verschwanden“, kritisiert der SGB.
Die ILO solle deshalb die Untersuchung zur Schweiz wieder aufnehmen und den Druck erhöhen. Auf Dauer könne es auch den international stark vernetzten Schweizer Behörden und Wirtschaftsverbänden nicht gleichgültig sein, wenn die ILO feststellen müsse, dass die Schweiz das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit verletze.