Weltraumpremiere rund 340 Kilometer über der Erde: Zum ersten Mal in der Geschichte der chinesischen Raumfahrt hat die Besatzung eines Raumschiffes am Sonntag ein manuelles Kopplungsmanöver vollzogen.
Bordingenieur Liu Wang steuerte „Shenzhou-9“ („Magisches Schiff-9“) kurz vor 13.00 Uhr Ortszeit (7.00 Uhr MESZ) erfolgreich an das Orbitallabor „Tiangong-1“ („Himmelspalast-1“) heran, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Damit beherrsche China die Rendezvous- und Dockingtechnologien und verfüge somit über die Grundvoraussetzungen für den Bau einer eigenen Raumstation.
Zuvor hatte das Raumschiff mit drei Taikonauten an Bord, darunter erstmals eine Frau, von „Tiangong-1“ abgelegt, an das es am Montag automatisch angedockt worden war. In vier Etappen über 5000, 400, 140 und 30 Meter näherte sich „Shenzhou-9“ dann erneut dem Labor.
Im Abstand von 140 Metern übernahm Liu die manuelle Kontrolle und führte die beiden Raumflugkörper bei einer Geschwindigkeit von 7,8 Kilometern pro Sekunde zusammen. Er wurde dabei von Kommandant Jing Haipeng und seiner Kollegin Liu Yang unterstützt.
Liu Wang hatte das höchste Präzision erfordernde Manöver zuvor beim Training auf der Erde mehr als 1500 Mal geprobt. Wenige Stunden nach der Kopplung sollte das Trio wieder in das Labor umsteigen, um dort seine Experimente und Forschungsarbeiten fortzusetzen.
Längster bemannter chinesischer Flug
„Shenzhou-9“ war am vergangenen Samstag vom Weltraumbahnhof Jiuquan im Nordwesten Chinas als viertes bemanntes Raumschiff zu seiner 13-tägigen Mission aufgebrochen. Es ist der bisher längste bemannte Flug der Chinesen seit dem Erststart 2003.
Das 10,4 Meter lange und acht Tonnen schwere Labor war Ende September vergangenen Jahres auf die Umlaufbahn geschossen worden. Im November hatte dann erstmals ein unbemanntes Raumschiff automatisch an ihm angelegt.
China beherrscht damit nach Russland, den USA und der Europäischen Raumfahrtorganisation ESA als vierte Weltraummacht diese Technologie. Die chinesische Raumstation ist bis 2020 geplant.