Das Wrack der «Costa Concordia» steht wieder aufrecht im Wasser und wird für den Abtransport nach Genua vorbereitet. Es ist die teuerste Bergung der Schifffahrtsgeschichte.
«Sie schwimmt wieder!», rief Franco Porcellacchia am Montagmittag. Es waren jene Worte, die alle Einwohner von Giglio hören wollten. Das Relikt der «Costa Concordia» liegt nicht mehr auf dem künstlichen, vor der Insel geschaffenen Meeresgrund auf, sondern ist endlich bereit für seine letzte Reise.
Um knapp zwei Meter trieb der Koloss nach oben, rund 30 Meter zogen ihn anschliessend zwei Schlepper in Zeitlupentempo in Richtung offenes Meer. So verkündete es Porcellacchia, der für die Bergung verantwortliche Manager der Reederei Costa Crociere. Spätestens in einer Woche, wenn das Wetter günstig ist vielleicht auch schon ab kommendem Samstag, wird die «Costa Concordia» zum Abwracken in den Hafen von Genua geschleppt.
Die Operation laufe nach Plan, sagten die Verantwortlichen am Montagnachmittag. Das demolierte Wrack sei trotz des gewaltigen Drucks stabil.
(Erste Bilder der Bergung von «Spiegel online»)
«Heute werden wir sehen, ob alle unsere Berechnungen stimmen», sagte Nicholas Sloane am Montag, als ihn die Reporter im Morgengrauen vor einer Bar im Hafen von Giglio wie einen Fernsehstar bestürmten. Der 53-jährige Südafrikaner ist der Ingenieur, der die Aufrichtung des gekenterten Riesen im letzten Herbst mit seiner zwölfköpfigen Mannschaft bewerkstelligte und nun das Aufschwimmen des 300 Meter langen und 114’500 Tonnen schweren Schiffs verantwortet. «Sind Sie nervös?», fragte ein Journalist. «Ein bisschen», antwortete der Ingenieur, der ein Experte für knifflige Schiffsbergungen ist.
2011 barg er vor Jemen einen mit Rohöl beladenen Tanker, den Piraten mit Raketenwerfern in Brand gesetzt hatten. Sloane liess Wracks auch schon mal sprengen und zersägen. Solche Manöver sind mit der «Costa Concordia», die seit dem 13. Januar 2012 wie ein gestrandeter, stählerner Walfisch in einem Naturparadies liegt, unmöglich. Sie musste mit einer technischen Pionierleistung aufgerichtet werden. Nun dauert es wohl nur noch ein paar Tage, bis das Naturparadies Giglio wieder sein altes Gesicht hat.
Ein Landemanöver, das viele Tote forderte
Vor 31 Monaten rammte das mit 4229 Passagieren besetzte Kreuzfahrtschiff einen Felsen vor der Insel Giglio und lief vor dem Hafen auf Grund. 32 Menschen starben, die Leiche eines indischen Passagiers ist noch immer nicht aufgetaucht. Auch ein Taucher verunglückte bei den Arbeiten zur Wiederaufrichtung.
Im vergangenen Herbst wurde das Schiff mit der sogenannten Parbuckling-Methode aufwendig in die waagrechte Position gebracht. In diesen Tagen folgt der Auftrieb. Rund 30 Stahlcontainer wurden in den vergangenen Monaten am Relikt befestigt. Bis Ende der Woche soll per Pressluft das Wasser aus den Containern gedrückt und die halb versunkene Costa Concordia so Stück für Stück um 14 Meter an die Oberfläche getrieben werden.
Dann soll das Relikt innerhalb von vier Tagen in den etwa 350 Kilometer entfernten Hafen von Genua geschleppt werden. Der Luftraum wird gesperrt, zehn Begleitschiffe sollen den Transport kontrollieren und mögliche Umweltschäden, etwa auslaufendes Material, sofort aufsammeln. Mit 1,5 Milliarden Euro dürfte es sich um die teuerste Bergung der Schifffahrtsgeschichte handeln.