In Washington DC sind die Republikaner in einer krassen Minderheit. Sie geben sich auch im Wahlkampf, der «Silly Season», keinerlei Mühe mehr: Zur Wahl steht in den dortigen Vorwahlen ein Kandidat, der sich längst aus dem Rennen zurückgezogen hat.
«Du Ärmste», sagt meine Freundin in Washington mitfühlend, wenn ich dem republikanischen Reisezirkus wieder in irgend einen Bundesstaat nachreise. Dann entschuldigt sie sich wortreich dafür, dass die Debatte so «niveaulos» sei, so «aggressiv» und so «unpolitisch». Und wundert sich darüber, dass ausländische Medien überhaupt über «so etwas» berichten. Sie nennt den Vorwahlkampf, der alle vier Jahre das us-amerikanische Polit-Geschäft lähmt, die «silly season» – die törichte Zeit.
In Washington ist dieses Mal fast gar nichts von der «silly season» zu spüren. Während die vier verbleibenden republikanischen Kandidaten in den Dörfern und Städten der tiefen Provinz um jede einzelne Stimme kämpfen, Klinken putzen, Hände schütteln, Telefonterror machen und Millionen für Wahlkampfspots ausgeben, versuchen sie das alles in der US-Hauptstadt erst gar nicht.
Washingtonians wählen traditionell demokratisch: Bei lokalen, und erst recht bei Präsidentschaftswahlen. Das bedeutet dieses Mal, dass sie entweder für Barack Obama oder gar nicht stimmen werden. Republikaner haben in Washington nicht die geringste Chance. Selbst dann nicht, wenn sie schon lange tot sind. Den offiziellen Namen ihres Flughafens zum Beispiel nehmen die meisten Washingtonians nicht in den Mund. Er ist nach Ronald Reagan benannt, dem letzten US-Präsidenten, den rechte Tea-Partier wie einen Heiligen verehren. Als wäre das eine Beleidigung für ihre Ehre sprechen Washingtonians von: «national airport».
Selbst die republikanische Ortsgruppe in Washington, die bei Wahlen im günstigesten Fall 20 Prozent der Stimmen bekommt, nimmt ihre Vorwahlen nicht wirklich ernst. Anstatt im Äther und auf der Straße hält sie ihren Vorwahlkampf hinter verschlossenen Türen ab. Zum Auftakt veranstaltete sie am Montag dieser Woche ein Dinner im vertrauten Kreise. Und bei den eigentlichen Vorwahlen am 3. April tritt der fundamentalistische Rick Santorum, der anderswo in den USA seit Wochen Vorwahlen gewinnt, erst gar nicht an. Stattdessen wird auf dem Wahlzettel der Hauptstadt-Republikaner neben Romney, Paul und Gingrich der Name von einem Kandidaten stehen, der schon vor Wochen aus dem Rennen ausgeschieden ist: Jon Huntsman. In der tiefen Provinz war er den Republikanern zu moderat.
Als meine Freundin davon hört, ist sie erleichtert. Der Vorwahlkampf mag ihr noch so peinlich für den Ruf ihres Landes in der Welt sein. Aber am Ende wird sie demokratisch wählen. Und sie ist froh, wenn die Republikaner jeden Tag aufs Neue dafür sorgen, dass sie damit im November auf der Seite der Mehrheit sein wird.