Silvio Berlusconi ist am Freitag erstmals persönlich zum Prozess um den „Rubygate“ genannten Skandal vor Gericht erschienen. Der frühere italienische Regierungschef hatte bislang seine Abwesenheit in dem seit einem Jahr laufenden Prozess mit beruflichen Terminen begründet.
Im Mittelpunkt des Verhandlungstages im Mailänder Justizpalast stand am Freitag die Anhörung von Zeugen der Anklage. Berlusconi wird vorgeworfen, im Jahr 2010 mit der zur Tatzeit minderjährigen Nachtclub-Tänzerin Karima al-Mahrough alias Ruby Rubacuore Sex gehabt zu haben.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war die Marokkanerin eine von vielen damals minderjährigen Besucherinnen bei Berlusconi. Später soll der Regierungschef zudem sein Amt missbraucht haben, um die wegen Diebstahls festgenommene Ruby freizubekommen. Berlusconi weist die Vorwürfe zurück. Bei einer Verurteilung drohen ihm drei Jahre Haft.
Burlesque statt „Bunga-Bunga“
In einer Verhandlungspause äusserte Berlusconi seine Sicht der Dinge: Er habe in seiner Villa in Arcore in der Nähe von Mailand keine wilden Partys gefeiert, sondern zu „eleganten Abendessen“ eingeladen, sagte er vor Journalisten.
In einem Raum, bei dem es sich um „die alte Disko“ seiner Kinder gehandelt habe, hätten die weiblichen Gäste anschliessend für „Burlesque-Spektakel“ trainiert oder Wettbewerbe in dem aufreizenden Tanzstil veranstaltet, bei dem ein Striptease angedeutet wird.
Mubaraks angebliche Nichte
Bei den Zeugenvernehmungen am Freitag ging es um den Berlusconi vorgeworfenen Amtsmissbrauch. Er hatte als Ministerpräsident bei Beamten interveniert, um die in Polizeigewahrsam genommene „Ruby“ wieder freizubekommen. Sie sei die Nichte des damaligen ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak, warnte er vor diplomatischen Verwicklungen.
Ein Polizist bezeugte, dass die Marokkanerin ausgesagt habe, sich bisweilen als Nichte Mubaraks auszugeben. Zudem erklärte ein höherrangiger Beamter, mit dem Berlusconi telefoniert hatte, er sei im Zuge des Abends zur Überzeugung gelangt, dass sie nicht Mubaraks Nichte sei. „Es blieb aber ein Restzweifel“, sagte er.
Berlusconi und „Ruby“ haben eine sexuelle Beziehung miteinander bestritten. Der 75-Jährige will auch keinen Amtsmissbrauch begangen haben. Das Verfahren kommt nur schleppend voran.