Nach seiner Verurteilung zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs hat Italiens Ex-Premier Silvio Berlusconi angekündigt, in die Politik zurückzukehren. Zudem kündigte er einen Angriff auf die Regierung Monti an.
Seine Partei, das „Volk der Freiheit“ (PdL), werde in den kommenden Tagen entscheiden, ob sie Monti das Vertrauen entziehe oder ihn bis Ende der Legislatur im Frühjahr unterstütze, sagte Berlusconi. Das PdL ist die stärkste Einzelpartei im Parlament, die Monti stützt.
Der Ex-Premier machte die Experten-Regierung Montis für die Rezession in Italien verantwortlich und beklagte wegen der strengen Steuerkontrollen sei Italien bald ein Polizeistaat. Monti hat Italien Steuererhöhungen, Ausgabenkürzungen und eine Renten- und Arbeitsmarktreform verordnet.
Diktatur der Staatsanwälte
„Dieses Urteil wird Folgen haben. Ich fühle mich verpflichtet, weiterhin in der Politik zu bleiben“, sagte der 76-Jährige am Samstag im Fernsehen zu seiner Verurteilung im Prozess um Steuerbetrug. Er müsse den „Justizplaneten“ reformieren, damit anderen Bürgern nicht passiere, was ihm widerfahren sei. „Italien ist keine Demokratie mehr, sondern eine Diktatur der Staatsanwälte. Das können wir nicht mehr ertragen.“
Anhänger seiner Partei PdL (Volk der Freiheit) interpretierten Berlusconis Worte bereits als Ankündigung einer Rückkehr als ihr Spitzenkandidat für die Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr. Erst am Mittwoch hatte Berlusconi aber erklärt, er stehe dafür nicht zur Verfügung.
Am Samstag bekräftige Berlusconi vor den Medien in Monza bei Mailand, dass er nicht mehr antreten werde. Zugleich attackierte er die Experten-Regierung von Mario Monti aber scharf. Er macht Montis Politik dafür verantwortlich, dass Italien in der Rezession ist. Weiter warnte Berlusconi vor einem „Polizeistaat“ wegen der strengen Steuerkontrollen.
Berlusconi als „planender Kopf“
Am Freitag hatte ein Gericht in Mailand Berlusconi im Mediaset-Prozess zu vier Jahren Haft wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt. Es untersagte ihm auch für fünf Jahre, öffentliche Ämter zu bekleiden.
Berlusconi nannte den Richterspruch „eine Barbarei“ und ein politisches Urteil. Er hat sich auch bei seinen früheren Prozessen immer von „linken Staatsanwälten und Richtern“ verfolgt gefühlt. Auch im Mediaset-Prozess beteuerte er seine Unschuld.
Nach Auffassung des Mailänder Gerichts war Berlusconi in den 1990er Jahren „planender Kopf“ fingierter Verkäufe zur „systematischen Steuerhinterziehung“. Beim Verkauf von TV-Rechten des Mediaset-Konzerns seien die Kosten um hunderte Millionen Dollar aufgebläht worden.
Das Geld soll in Berlusconis schwarze Kassen geflossen sein und unter anderem in der Schweiz liegen. Hierzulande wurden deswegen rund 150 Millionen Franken gesperrt.
Berlusconi will in Berufung gehen
Berlusconi will das Urteil anfechten. Seine Anwälte kündigten an, sie wollten ihren Berufungsantrag bis zum 9. November vorlegen. Erst in einer dritten Instanz würde das Urteil rechtskräftig. Die Mediaset-Straftaten verjähren aber bereits Mitte 2014.
Sollte Berlusconi wider Erwarten die Haftstrafe antreten müssen, würden ihm davon drei Jahre erlassen. Grundlage dafür ist ein Gesetz von 2006, das wegen der überfüllten italienischen Gefängnisse beschlossen worden war.
Berlusconi ist prozesserprobt. Mehrmals wurde er in erster Instanz verurteilt – wegen Steuerbetrugs, Bestechung und Meineids. Allerdings entkam er stets einer Strafe, sei es durch Amnestie, Verjährung oder Freispruch in einer späteren Instanz.
Dafür sorgte auch die Regierung Berlusconi selbst: So wurden diverse Straftatbestände abgeschwächt oder Verjährungsfristen an Berlusconis Bedürfnisse angepasst. Zudem konnte er als Regierungschef die Verfahren immer wieder verzögern, womit die Verjährung näher rückte.
Ruby-Prozess wegweisend
Derzeit hat Berlusconi noch den Ruby-Prozess am Hals. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, seinen Einfluss zugunsten einer als Ruby bekannten Marokkanerin eingesetzt und eine sexuelle Beziehung mit der zur Tatzeit Minderjährigen gehabt zu haben. Das Urteil der ersten Instanz könnte noch vor Jahresende fallen.
Wird er im Ruby-Prozess zu über zwei Jahren Haft verurteilt, würde der Straferlass von drei Jahren im Mediaset-Prozess wieder wegfallen, wie die Mailänder Zeitung „Corriere della Sera“ vorrechnete.