Der frühere IRA-Aktivist und heutige irische Parlamentarier Gerry Adams ist im Zuge von Mordermittlungen festgenommen worden. Das teilte die Polizei in Nordirland am Mittwoch mit.
Adams betonte kurz vor Betreten der Polizeiwache, er sei freiwillig gekommen und wolle sich vernehmen lassen. Die Vorwürfe gegen ihn seien haltlos. Die Polizei beschuldigt den 65-Jährigen, am Mord an einer zehnfachen Mutter im Jahr 1972 in Belfast beteiligt gewesen zu sein.
Die Tat geht auf das Konto der früheren Untergrundorganisation Irish Republican Army (IRA), in dessen Führungszirkel Adams damals war. Heute ist er Vorsitzender der republikanischen Partei Sinn Fein und sitzt im irischen Parlament in Dublin.
Welche Auswirkungen die Festnahme Adams‘ auf die nordirische Regierung haben wird, war zunächst unklar. Deren stellvertretender Erster Minister, der ehemalige IRA-Befehlshaber Martin McGuinness, ist ebenfalls Mitglied von Sinn Fein.
Adams bestritt seine Beteiligung an dem Mord. Er habe sich zwar nie von der IRA losgesagt und werde das nie tun, aber mit der Entführung und Tötung der Frau habe er nichts zu tun. Die Witwe war 1972 vor den Augen ihrer Kinder von zwölf Männern und Frauen entführt worden.
Die IRA beschuldigte sie, Informationen an die englische Armee weitergegeben zu haben. IRA-Mitglieder erschossen sie und vergruben ihre Leiche. Erst im Jahr 2003 wurden die sterblichen Überreste entdeckt und beerdigt.
Wegbereiter des Waffenstillstands
Adams hatte sich in der 1960er Jahren der IRA angeschlossen. Später wandte er sich der Politik zu und zog 1983 für den katholischen Wahlkreis West-Belfast ins britische Unterhaus ein. Zehn Jahre später bereitete er gemeinsam mit dem nordirischen Sozialdemokraten John Hume den 1994 deklarierten IRA-Waffenstillstand vor.
Die Ermittlungen in dem Mordfall hatten zuletzt Fortschritte gemacht, nachdem eine Universität in Boston den britischen Behörden Interviews mit früheren Rebellen zur Verfügung gestellt hatte. Die Dokumente sollten erst nach dem Tod der Befragten veröffentlicht werden, aber ein US-Gericht zwang die Hochschule im vergangenen Jahr, Aussagen zu dem Fall herauszugeben.
Ebenfalls am Mittwoch wurde ein 69-Jähriger im Zusammenhang mit einem Attentat in Belfast im Jahr 1971 festgenommen, bei dem 15 Menschen starben. Der Anschlag ging auf das Konto der protestantisch-unionistischen Organisation Ulster Volunteer Force (UVF), wurde aber zunächst irrtümlich der IRA zugeschrieben.