Sintflutartiger Regen hat Teile der Ostschweiz in eine Schlammlandschaft verwandelt. Am Sonntagabend schwollen kleine Bäche zu reissenden Fluten an und schwemmten Geröll und Schlamm in Keller, Tiefgaragen und auf Strassen. Verletzt wurde niemand.
«An ein vergleichbares Ereignis kann ich mich nicht erinnern», beschrieb etwa ein Feuerwehrmann und langjähriger Einwohner von Kradolf-Schönenberg TG die Lage. Die Regengüsse vom Sonntagabend kamen in dieser Heftigkeit unerwartet, wie auch Gemeindepräsident Walter Schönholzer am Montag an einer Medienkonferenz betonte. Verletzte oder Vermisste gäbe es zum Glück nicht.
Als die Feuerwehren gegen 18 Uhr ausrückten, gingen Schadensmeldungen im Minutentakt ein. Eine Bilanz ist laut den Verantwortlichen noch nicht möglich. Doch die Schäden dürften beträchtlich sein: In Tiefgaragen standen etwa viele Autos unter Wasser oder wurden weggespült. Unterführungen waren nicht mehr passierbar.
Der Stabschef der Einsatzkräfte, Peter Steffen, sprach von «massiven Elementarschäden». Vielerorts fielen auch Strom und Telefone aus.
Aufräumarbeiten dauern an
In Wil SG trat ebenfalls ein Bach über die Ufer. Fahrzeuge wurden von den Wassermassen mitgerissen und Häuser überflutet.
Die Autobahn A1 wurde bei Wil überschwemmt und in Richtung Zürich mit Schlamm und Geröll verschüttet. Einsatzkräfte räumten am Montag rund 250 Kubikmeter Geröll, das stellenweise 50 bis 60 Zentimeter hoch stand, sodass der Verkehr ab dem frühen Morgen wieder rollte.
Die Aufräumarbeiten in der Ostschweiz dürften noch mehrere Tage dauern. Sorgen bereitete den Verantwortlichen auch die Wetterprognose. Erneuter Regen könnte die Situation verschlimmern, sagte etwa Gemeindepräsident Schönholzer aus Kradolf-Schönenberg.
Boden gesättigt
Am Bodensee fielen innert zwölf Stunden bis zu 108 Liter Regen pro Quadratmeter. Das ist mehr als die normale Junimenge, die 102 Liter beträgt, wie der Wetterdienst MeteoNews mitteilte. Am meisten Niederschlag fiel seit Sonntag in Wiliberg AG mit 128 Litern pro Quadratmeter.
Auch am Montag regnete es punktuell immer wieder. Der Boden sei gesättigt, daher sei es nicht auszuschliessen, dass es noch vereinzelt neue Erdrutsche geben könne, sagte Sarina Scheidegger von MeteoNews am Montag auf Anfrage.
Am Dienstag dürfte sich die Lage leicht entspannen, auch wenn es vereinzelt weitere Schauer geben werde. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) warnte auf seiner Webseite am Montag vor einer «mässigen Hochwassergefahr an kleinen und mittleren Fliessgewässern» in weiten Teilen des Mittellandes und der Alpen.
Autobahn überschwemmt
Geduld brauchte es auch im Verkehr. Am Montag bremste Regenwasser die Autos auf der Autobahn A1 bei Oftringen AG aus. Das Wasser überdeckte den Überholstreifen in Richtung Bern, die Autos stauten sich auf bis zu drei Kilometer zurück. Bereits am Sonntagabend hatten sich Wasserlachen auf der A1 in Safenwil AG gesammelt.
Auch Bahnreisende mussten am Montag vorübergehend auf Busse umsteigen, etwa in Kradolf auf der Linie St. Gallen-Weinfelden. Im Seeland blieb die Bahnlinie Bern-Neuenburg zwischen Kerzers FR und Ins BE bis am Montagabend unterbrochen. Die Kursschifffahrt auf dem alten Rhein wurde wegen massiven Schwemmholzes ebenfalls eingestellt.
Der starke Regen suchte ebenso das Aargauer Niederamt heim. Auch dort drang Wasser in mehrere Liegenschaften ein. Zahlreiche Schadensmeldungen gab es zudem aus dem Oberaargau, dem Schwarzenburgerland, Solothurn sowie aus Baselland.
In der Veveyse wurde am Sonntag ein 18-Jähriger von den Wassermassen überrascht. Er befand sich auf einem Felsen inmitten des Flusses. Die Rega befreite ihn unverletzt aus seiner misslichen Lage.