21 Jahre nach der alpinen WM lässt der internationale Skiverband (FIS) wieder einen Grossanlass in der spanischen Sierra Nevada ausrichten. Diesmal kämpfen Ski-Freestyler und Snowboarder um Medaillen.
Neu ist das Konzept nicht, die bestehende Infrastruktur aus logistischen und kommerziellen Gründen für einen gemeinsamen Event der beiden ähnlichen Sportarten zu nützen. 2015 in Kreischberg hatte das Projekt seine erfolgreiche Premiere, nun findet es seine Fortsetzung im höchsten Gebirge der iberischen Halbinsel.
Für die Region im Süden Spaniens ist der Anlass von grosser Bedeutung. Gemäss einer Studie der Universität von Granada wird die WM in der Sierra Nevada über 16 Millionen Euro und 1500 temporäre Arbeitsplätze generieren. Über 200 Journalisten und 22 TV-Stationen berichten über die zweiten gemeinsamen Titelkämpfe der besten Ski-Freestyler und Snowboarder.
Im Jahr vor Olympia geniessen die Weltmeisterschaften – neben den X-Games – eine noch höhere Priorität als im Normalfall. Entsprechend illuster und besser besetzt als vor zwei Jahren in Kreischberg präsentiert sich das Teilnehmerfeld in manchen der sechs Disziplinen pro Sportart. Total sind gemäss den Organisatoren 777 Teilnehmende aus 50 Nationen gemeldet.
Männer die Nummer 2 der Nationenwertung
Zu den Nationen mit Ambitionen zählt die Schweiz. Die Ski-Freestyler hatten bei der ersten gemeinsamen WM 2015 fünf der sieben Medaillen von Swiss-Ski beigesteuert (zweimal Gold, dreimal Bronze), eine Wiederholung dieser Bilanz wäre der Optimalfall. Gleichwohl rechnen die Verantwortlichen beim Verband auch heuer mit Medaillen. Eine konkrete Vorgabe wurde nicht kommuniziert, in zwei Disziplinen ist das Ziel aber eine Top-3-Klassierung.
Sollten die Skicrosser in der Sierra Nevada leer ausgehen, wäre das nach dem bisherigen Saisonverlauf als Enttäuschung zu werten. Das Team von Ralph Pfäffli fuhr 17 Podestplätze ein, elf davon errangen die Männer. Mehr Punkte in der Nationenwertung hatten nur die Franzosen um Gesamtsieger Jean-Frédéric Chapuis vorzuweisen.
Besonders bemerkenswert war, dass sich die Schweizer Spitzenklassierungen auf vier Fahrer verteilten. Von diesem Quartett wird der in Arosa erstmals siegreich gewesene Romain Détraz wegen eines im Januar in den USA erlittenen Wirbelbruches nicht am Start stehen. Gleichwohl stehen die Chancen gut, dass (mindestens) einer um den im Gesamt-Weltcup drittklassierten Teamleader Alex Fiva ganz vorne mitfahren kann.
Bei den Frauen stand Fanny Smith als einzige dauerhaft fitte und kompetitive Schweizerin sechs Mal auf dem Podest. Entsprechend wäre für die 24-jährige Waadtländerin die dritte WM-Medaille in Folge nach Gold 2013 und Bronze 2015 alles andere als eine Überraschung.
Hoffnungsvolle Junge
Auch im Slopestyle sind Medaillenträume der Vertreter(innen) von Swiss-Ski nach sieben Weltcup-Podestplätzen, fünf davon bei den Frauen, erlaubt. Der Weltcup auf der Seiseralm mit der Schweizer Siegerin Sarah Hoefflin überschnitt sich zwar mit den X-Games.
Gleichwohl zeigte die junge Equipe mit Vorjahres-Weltcupsieger Andri Ragettli (verpasste die Titelverteidigung um acht Punkte) auf konstantem Niveau, dass sie zur Weltelite gehört. Interessant wird sein, wie sich die jungen Mathilde Gremaud (17) und vor allem Giulia Tanno (18) im letzten wichtigen Rennen der Saison präsentieren werden. Sie haben ihr enormes Potenzial schon an mehreren Wettkämpfen gezeigt.
Ein grosses Fragezeichen steht hinter dem Start von Titelverteidiger Fabian Bösch. Der Innerschweizer kämpft seit den X-Games in Aspen Ende Januar mit den Folgen einer Fersenprellung. Schonungshalber hat er eine Einladung für die WM-Hauptprobe (X-Games in Oslo) ausgeschlagen. Sollte der mit einem «persönlichen» WM-Ticket ausgestattete Bösch in der Sierra Nevada nicht antreten, werden statt fünf nur vier Schweizer Slopestyler starten.
Primäres Ziel Final-Qualifikationen
In den übrigen drei Disziplinen geht es für die Schweizer nicht primär um Medaillen, sondern um Final-Qualifikationen. Das aus vier Männern bestehende WM-Team im Aerials hatte im Weltcup-Winter einen 7. Rang durch Dimitri Isler als Bestresultat vorzuweisen, in der Halfpipe kam einzig der Toggenburger Joel Gisler, der Qualifikationssieger für das Weltcup-Finale vom Dienstag in Tignes (nach Redaktionsschluss), auf Touren.
Auf der Buckelpiste wäre Marco Tadé ein Exploit eher im Parallel- als im Einzelrennen zuzutrauen. Der Tessiner hatte zum Weltcup-Abschluss vor gut zwei Wochen im Ausscheidungsrennen als Zweiter seine zweite Topklassierung auf internationalem Niveau geschafft. Derweil verlief die Saison für Deborah Scanzio nach gutem Start mit Rang 4 zum Auftakt in Ruka diametral anders. Rang 21 in der Endabrechnung entsprach nicht den Erwartungen der 2007 noch für Italien WM-Dritten gewordenen Athletin aus der Leventina.