Wenn Ärzte im OP ihre Wochenendpläne besprechen, kann das dem Patienten schaden: Smalltalk beim Schliessen einer Operationswunde führte zu mehr Wundinfektionen. Hingegen senkte fallbezogene Kommunikation während der ganzen Operation das Infektionsrisiko.
Dies zeigt eine Studie der Universitätsklinik für Viszerale Chirurgie und Medizin des Inselspitals Bern auf. Wundinfektionen sind vor allem nach Eingriffen im Bauchbereich relativ häufig, der Schweizer Durchschnitt liegt etwa bei 14 Prozent. Dies hat längere Spitalaufenthalte und damit auch höhere Kosten zur Folge, wie die Uni Bern am Dienstag mitteilte.
Auf Anregung der Klinik haben Psychologen der Universitäten Neuenburg und Bern von 2010 bis 2013 während 167 Operationen am offenen Bauch die Gespräche im Berner OP-Team beobachtet und analysiert. Diese wurden mit dem Auftreten von Wundinfektionen verglichen, die nach Standards der Fachorganisation Swiss NOSO erhoben wurden.
Die Resultate wurden nun im «British Journal of Surgery» veröffentlicht: Während die fallbezogene Kommunikation während der gesamten Operation die Infektionsrate senkte, wurde sie durch Smalltalk während des Schliessens der Operationswunde gesteigert. Ablenkungen hingegen hatten keinen Einfluss auf das Vorkommen von Wundinfektionen.
Erleichterte Kooperation
Fallbezogene Kommunikation helfe allen Beteiligten im Operationssaal immer im Bild zu sein, liess sich die Arbeits- und Organisationspsychologin Franziska Tschan von der Universität Neuenburg in der Mitteilung zitieren. «Das erleichtert die Kooperation.» Das Zunähen der Operationswunde als Routinevorgang verleite indes stärker zum Smalltalk, zu viel davon könne ablenken.
Das Phänomen der nachlassenden Aufmerksamkeit in einer vermeintlich weniger heiklen Phase ist beispielsweise auch von Alpinisten und Schichtarbeitern bekannt, zu denen auch Ärzte gehören: Sie verunglücken oft beim Abstieg respektive auf dem Heimweg. «Smalltalk mit Mass ist wichtig für das Klima im Team», gibt jedoch Guido Beldi, Leitender Arzt der Klinik, zu bedenken.
Die Wissenschaftler untersuchen nun in einer weiteren Studie in mehreren Schweizer Spitälern, wie man chirurgische Teams bei der fallbezogenen Kommunikation unterstützen kann. Bereits umgesetzt sind Massnahmen wie Timeouts vor dem Eingriff, bei denen das Operationsteam innehält und den bevorstehenden Eingriff Punkt für Punkt durchgeht.
Nun soll noch ein sogenanntes interoperatives Briefing, das während der Operation stattfindet, eingeführt werden. Der zusätzliche standardisierte Informationsaustausch im Operationsteam solle dafür sorgen, dass alle Teammitglieder informiert sind, sagte Beldi.