«Smetto quando voglio» – Island Diaries 3

In Zürich endet das ZFF mit einem poetischen Sieger aus Uruguay. In Reykavik endet das RFF mit Dario Fo’s Nachfolgern aus unserem Nachbarland. Valerio Attanasio, Andrea Garello und der Regisseur Sydney Sibilia zeigen neuen Biss. Der grosse Preis des Filmfestivals aus dem Süden Islands geht in den Süden Europas. Die Jury in Reykavik entscheidet sich […]

In Zürich endet das ZFF mit einem poetischen Sieger aus Uruguay. In Reykavik endet das RFF mit Dario Fo’s Nachfolgern aus unserem Nachbarland. Valerio Attanasio, Andrea Garello und der Regisseur Sydney Sibilia zeigen neuen Biss.

Der grosse Preis des Filmfestivals aus dem Süden Islands geht in den Süden Europas. Die Jury in Reykavik entscheidet sich für den italienischen Wettbewerbsbeitrag «Smetto quando voglio». Darin führt uns der Italiener Sydney Sibilia in seinem Erstling eine Statistik vor Augen, die  wir auf dem Papier kennen: Mehr als 50% der Akademiker verlassen die Uni in die Arbeitslosigkeit. Der erste Spielfilm des Italieners ist eine brillant gespielte Anarcho-Komödie.

Endlich kommt wieder freche Unterhaltung aus Italien. Seit dem Tod des Nobelpreisträger Dario Fo schien der Faden gerissen. Statt der beissenden Komik in der Tradition der Commedie dell’Arte, haben sich in Italien die Polit-Clowns die Klinken in die Hand gedrückt. Jetzt überrascht ein junger Regisseur mit geistvoller, frecher Unterhaltung.

11. Reykyavi Film Festival sensibel für soziale Brennpunkte

Das Reykjavik Film Festival hat in diesem Jahr sein Programmschwergewicht dem Krieg gewidmet: Hundert Jahre nach dem Ausbruch des ersten Weltkrieges hat man Filme versammelt, die in diesem Jahr das Herannahen, Ausbrechen oder Enden des Krieges zum Thema haben. Die Auswahl war reich.   

Der Hauptpereis geht an italienische Rauschkugeln

Gewonnen hat ein Film aus Italien. Eine humoristische Variante des Drogenkrieges und des Kriegesgegen die Armen. Die Lunte, die hier gelegt wird, glimmt in fast in allen Ländern Europas. Sibilia schaut aus der Sicht von Arbeitslosen auf den Drogenhandel: Pietro ist Akademiker. Seit heute ist er ohne Arbeit. Das bedeutet nicht, dass er das seiner Frau gesteht. Er geht dem alten Männerirrtum auf den Leim, dass kleine Lügen eine grosse Liebe retten können.  

Pietro begibt sich stattdessen die schiefe Bahn. Er gründet eine legale Drogenfabrikation. Er ist mit seinen Freunden nicht der einzige arbeitslose Akademiker. Aber er hat eine Geschäftsidee. Pietro bringt in wenigen Tagen seine Freunde zusammen: Sie produzieren und verbreiten legale Drogen.

Der Molekular-Chemiker produziert den Stoff, der Jurist sorgt für die Verbreitung, der Mathematiker besorgt das rein Rechnerische. Ein perfektes Team aus sieben Forschern mischt den Drogenmarkt in der Stadt auf.

Dass die anderen Player in diesem Markt nicht tatenlos zusehen werden, wie die arbeitslose Intelligenzia sich einen Stammplatz in ihren Händlerkreisen ergattern, entspricht einem Gesetz des Warenverkehrs. In Händlerkreisen der Diskotheken wird man rasch unruhig. Das ist erst nur eine Begleiterscheinung. Doch dann es wird rasch zum Hauptproblem.

«Mamma hat den besten Shit»

Wie einst Dario Fo bietet Sydney Sibilia mit dem gut aufgelegten Schauspieler-Ensemble eine Anarcho-Komödie mit Biss. «Smetto quando voglio» zeigt, dass sich der italienische Film langsam aus der Lähmung bewegt, die die intellektuelle Diskussion  in Italien gekennzeichnet hat. Eine neue Franca Rama ist zwar noch nich in Sicht. Aber Valeria Solarino ist als Gattin von Pietro immerhin auch nicht auf den Kopf gefallen.

 

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