Konfrontiert mit einer neuen Euro-Schwäche hält die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Mindestkurs von 1,20 Franken fest. Im Kampf gegen Deflationsgefahren schliesst sie nach wie vor auch Negativzinsen nicht aus. Für die Konjunktur bleibt die SNB aber zuversichtlich.
Trotz der unsicheren Aussichten für die Weltwirtschaft und der schwachen Konjunktur in der Euro-Zone rechnet die SNB mit einem robusten Wachstum der Schweizer Wirtschaft. Für 2015 prognostiziert sie eine Zunahme des Bruttoinlandproduktes (BIP) um rund 2 Prozent. Sie zeigt sich damit im Vergleich zu anderen Prognosen, die von 1,4 bis 2,4 Prozent reichen, eher optimistisch.
Für das zu Ende gehende Jahr rechnet die SNB mit einem Wachstum von 1,5 bis 2 Prozent. Im September hatte sie die Prognose von rund 2 auf knapp 1,5 Prozent gesenkt. Die nun erfolgte Erhöhung hat aber nur statistische Gründe, nachdem die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung revidiert worden ist.
Die zugrundeliegende Dynamik der Konjunktur habe sich nicht verändert, erklärte SNB-Präsident Thomas Jordan vor den Medien in Bern. Im laufenden Quartal dürfte das Wachstum zudem spürbar tiefer ausfallen als im dritten Quartal, das positiv überrascht habe.
Negativzinsen möglich
Damit der Wirtschaftsmotor weiterhin rund läuft und Preisstabilität gewährleistet ist, bleibt nach Ansicht der SNB ihr Euro-Mindestkurs zentral. Um den Franken nicht zusätzlichem Aufwertungsdruck auszusetzen, belässt sie entsprechend das Zielband für den Leitzins, den Dreimonats-Libor, bei 0 bis 0,25 Prozent.
Wegen des billigen Geldes ist es für die Nationalbank zu früh, für den Schweizer Immobilienmarkt Entwarnung zu geben, auch wenn sich das Wachstum an Hypothekarkrediten abgeschwächt habe.
Eine Normalisierung der Geldpolitik zeichnet sich auf absehbare Zeit nicht ab. Denn die Europäische Zentralbank (EZB) prüft angesichts der schwachen Wirtschaftserholung in der Euro-Zone eine weitere Lockerung und erwägt erstmals Käufe von Staatsanleihen.
Auch die SNB ist bereit, bei Bedarf unverzüglich weitere Massnahmen zu ergreifen. Keine Massnahme sei ausgeschlossen, auch Negativzinsen nicht, bekräftigte Jordan. Negativ verzinst würden die Giroguthaben inländischer Banken bei der SNB, um den Geldumlauf anzutreiben. Laut Jordan ist auch denkbar, dass die SNB für ihren Leitzins ein negatives Ziel beschliesst.
Keine Angaben zu Interventionen
Der Euro fiel trotzdem nach der Mitteilung der SNB von 1,2035 Fr. auf rund 1,2015 Franken. Um 14 Uhr stand er bei 1,2012 Franken. Seit Mitte November notiert der Euro nahe beim Mindestkurs. Auch nach dem wuchtigen Nein des Stimmvolkes zur Goldinitiative, welche die Geldpolitik der SNB eingeschränkt hätte, ist die Gemeinschaftswährung nicht spürbar gestiegen.
Der Aufwertungsdruck auf den Franken habe wegen der Lockerung der Geldpolitik durch die EZB und wegen der Rolle des Frankens als sicherer Hafen für Anlagen wieder zugenommen, erklärte SNB-Direktoriumsmitglied Fritz Zurbrügg. Demgegenüber sei der Dollar stärker geworden.
Um den Euro-Mindestkurs zu garantieren, würde die SNB nötigenfalls am Devisenmarkt intervenieren. Ob dies in letzter Zeit erstmals seit September 2012 wieder erforderlich war, liess die SNB-Spitze offen. Zu einzelnen Transaktionen gebe es keine Auskunft, sagte Jordan. Devisenexperten vermuten, dass die SNB Mitte November mit vereinzelten Transaktionen eingeschritten ist.
Deflationsgefahr gestiegen
Jordan rechtfertigte den Euro-Mindestkurs mit den Deflationsrisiken, die nochmals zugenommen hätten. Für 2014 rechnet die SNB mit im Durchschnitt unveränderten Konsumentenpreisen. Für 2015 senkte sie die Teuerungsprognose gar von +0,2 auf -0,1 Prozent. 2016 sieht die SNB einen kleinen Preisauftrieb von 0,3 Prozent.
Eine weitere Aufwertung des Frankens hätte grosse Auswirkungen auf das Lohn- und Preisgefüge und würde die Teuerung weit in den negativen Bereich treiben, warnte Jordan. Die Unternehmen in der Schweiz müssten ihre Kosten erneut drastisch reduzieren, um konkurrenzfähig zu bleiben.
In diesem Szenario wäre die Preisstabilität stark gefährdet. Die SNB werde den Mindestkurs deshalb mit aller Konsequenz durchsetzen, bekräftigte Jordan die seit September 2011 gültige Strategie.