Das ist schnell gesagt – aber wer sind die Bünzlis von heute und was ist eigentlich bünzlig? Eine gute Frage für unsere Community, finden wir und sind gespannt auf Ihre Antworten.
Früher war nicht alles besser, aber einiges zumindest einfacher. So scheint es etwa im Zusammenhang mit dem Bünzli: Sonntags, kaum hat die Sonne sich gezeigt, den Grill aufstellen, richtig einheizen und während man auf die richtige Kohlentemperatur wartet, noch schnell das Gemüsebeet bearbeiten. Und um das Klischee noch auf die Spitze zu treiben: vielleicht die Schweizer Fahne hissen und die Gartenzwerge vom Vogel-Kot befreien…
Ja, der Bünzli war der engstirnige Nörgler von nebenan. Mit Gemüsegarten, Gartenzwerg und der unbändigen Lust, jede kleine Verfehlung des Nachbarn zu kommentieren, mit Zettelchen im Briefkasten – auf keinen Fall direkt.
Nun bin ich umgezogen und mir fiel der vergangene Ostersonntag ein: Kurz nach elf Uhr heulte der Staubsauger der Nachbarn auf – nochmals putzen, bevor die Familie auftaucht (ja, auch das eine bünzlige Attitüde) und mein Gedanke: Geht ja gar nicht, sonntags staubsaugen – und das auch noch an einem Feiertag!
Aber es machte Puff – und es fiel mir wie Schuppen von den Augen: Wie bünzlig von mir! Ja, der Sonntag ist ein Ruhetag, ja im Altbau muss man bisschen Rücksicht nehmen (auch das ein sehr bünzliger Gedanke, vielleicht oder sicher?) – aber was ist bloss störend daran, für eine halbe Stunde mal reine zu machen, um eine gute Falle zu machen?
Filz-Gleiter in den Briefkasten legen
Ich war nicht einen Deut besser als der Nachbar eines Kollegen: Keine Woche in seiner neuen Wohnung, legte ihm der Nachbar kommentarlos ein Pack Filz-Gleiter in den Briefkasten. Bünzlig oder nur fürsorglich?
Irgendwie möchte man selbst ja nicht bünzlig sein: «Rauchen, klar – aber bitte nur auf dem Balkon und nur neben dem Aschenbecher – sonst muss ich den Balkon wieder fegen.» Klingt nicht gerade nach dem Typ, der man sein möchte. Aber man will ja tatsächlich auch nicht fegen.
Früher war es einfacher, kein Bünzli zu sein: Man teilte seine Wohnung mit Freunden – zack war man WG-Bewohner und schon kein Bünzli mehr. Heute ist in einer WG zu wohnen etwa so ausgefallen, wie einen Laptop zu besitzen. Man liess sich die Haare wachsen, trug eine Lederjacke, spielte in einer Band, liess sich tätowieren – und schon war einem das Naserümpfen der Bünzlis sicher.
Schnauz, Karo-Hemd, Aktentasche sind In
Klar waren auch die äusserlichen Merkmale der Bünzlis. Wer früher einen Schnauz trug, war entweder ein Polizist oder ein Bünzli. Gebügeltes Karo-Hemd, Pullunder, gekämmter Seitenscheitel – vieles wirkte zumindest bürgerlich, ganz sicher liess es einen nicht als Freigeist oder Rebell dastehen. Wer sich heute einen Typ mit Karohemd, Pullunder, Schnauz, Leder-Aktentasche und einem Tattoo vorstellt, sieht den Durchschnitts-Hipster. Die jungen, urbanen, kreativen Leute von heute haben sich die Merkmale der Bünzlis angeeignet.
Vielleicht ist es eine Ironisierung des Bürgerlichen, ganz sicher aber ist heute der Bünzli nicht mehr so einfach zu charaktarisieren. Urban-Farming hat das Schrebergärtnern abgelöst, grillierende Jugendliche erobern sich das Rheinbord zurück, Sparkontos sind inzwischen hip und ermöglichen einem günstigere Open-Air-Tickets, wo man dann mit einer Camping-Ausrüstung hingeht, die nicht nur einen Aggregat und ein Kühlschrank beinhaltet, sondern auch noch ein vollwertiges Bett. Normal ist, was früher noch bünzlig gewesen wäre.
Und dennoch gibt es den Ausdruck noch: Bünzli. Unweigerlich stellt sich so gesehen aber auch die Frage: Wer ist der Bünzli von heute und was ist heute eigentlich bünzlig?
Deshalb nun die Bitte, helfen Sie mit und vervollständigen Sie für uns den Satz: Bünzlig ist …
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