So funktioniert der Steuerdeal zwischen der Schweiz und den USA

Die Lösung des Steuerstreits zwischen den Schweizer Banken und den USA basiert auf einer Erklärung der beiden Regierungen und einem Programm der USA für die Banken. Dieses ermöglicht den Banken, einem Strafverfahren zu entgehen, wenn sie kooperieren und Bussen zahlen.

Eveline Widmer-Schlumpf und Michael Ambühl am Freitag in Bern (Bild: sda)

Die Lösung des Steuerstreits zwischen den Schweizer Banken und den USA basiert auf einer Erklärung der beiden Regierungen und einem Programm der USA für die Banken. Dieses ermöglicht den Banken, einem Strafverfahren zu entgehen, wenn sie kooperieren und Bussen zahlen.

Die gemeinsame Erklärung wurde am Donnerstagabend in Washington unterzeichnet. In der Folge veröffentlichte das US-Justizministerium das Bankenprogramm. Dieses enthält im Wesentlichen die erwarteten Bedingungen.

Die Banken werden in vier Kategorien eingeteilt. Die erste Kategorie umfasst jene 14 Banken, gegen die in den USA bereits Strafuntersuchungen laufen. Zu dieser Kategorie gehören die Credit Suisse, die Zürcher und Basler Kantonalbank und die Bank Julius Bär. Sie verhandeln derzeit mit der US-Justiz über Vergleiche, um einer Anklage zu entgehen. Das Programm steht ihnen nicht zur Verfügung.

Gruppe zwei muss umfassende Informationen liefern

Die zweite Kategorie ist für jene Banken, die Grund zur Annahme haben, dass sie Rechtsverstösse begangen haben. Auch für diese ist ein Schuldeingeständnis mit Busse vorgesehen. Im Gegenzug sollen sie nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Alle Banken, die in der zweiten Gruppe am Programm teilnehmen wollen, müssen spätestens bis Ende Dezember bei den US-Behörden ein «Non-Prosecution Agreement» beantragen. Sie haben dann maximal 120 Tage Zeit, um die Bedingungen zu erfüllen.

Diese Banken müssen der US-Justiz bekannt geben, wie das US-Geschäft organisiert und kontrolliert wurde. Dabei müssen sie auch die Namen und Funktionen jener Individuen nennen, die verantwortlich waren. Ferner müssen sie Auskunft darüber geben, wie US-Kunden angeworben und betreut wurden. Schliesslich müssen sie Abschleicher-Listen («Leaver-Listen») liefern.

Bussen von 20 bis 50 Prozent der US-Vermögen

Den Banken der zweiten Kategorie drohen hohe Bussen. Wie viel sie bezahlen müssen, hängt vom Umfang der unversteuerten Vermögenswerte und vom Datum der Kontoeröffnung ab. Für Konten, die bereits vor dem 1. August 2008 existierten, beträgt die Busse 20 Prozent der Vermögenswerte.

Für die Konten, die zwischen dem 1. August 2008 und dem 28. Februar 2009 eröffnet wurden, sind es 30 Prozent. Und für Konten, die nach dem 28. Februar 2009 – also nach dem Fall UBS – eröffnet wurden, beträgt die Busse 50 Prozent.

Kommt die US-Justiz zum Schluss, dass eine Bank alle Verpflichtungen erfüllt hat, wird gegen sie kein Strafverfahren eröffnet. Sollte jedoch eine Bank Informationen liefern, welche die US-Justiz als falsch, unvollständig oder irreführend betrachtet, ist die Bank nicht mehr vor Strafverfolgung geschützt.

Unabhängiger Prüfer muss Unschuld bescheinigen

Die Banken, die glauben, nicht gegen US-Recht verstossen zu haben (Kategorie drei), oder deren Kunden zu 98 Prozent aus der Schweiz und aus Europa stammen (Kategorie vier), können zwischen dem 1. Juli und dem 31. Oktober 2014 bei den amerikanischen Behörden einen «Non-Target Letter» beantragen – eine Bescheinigung, dass sie nicht das Ziel von Untersuchungen sind.

Ein Wechsel von der dritten in die zweite Gruppe ist unter bestimmten Umständen während dieser Zeit noch möglich, wenn eine Bank «Leichen im Keller» entdeckt und glaubhaft machen kann, dass sie Verstösse nicht zu verheimlichen versucht hat.

Banken der dritten Kategorie müssen ihre Unschuld in der Folge belegen: Sie müssen einen unabhängigen Prüfer bestimmen, der die Bank unter die Lupe nimmt und zuhanden der US-Justiz einen Bericht verfasst. Bei falschen, unvollständigen oder irreführenden Angaben droht auch diesen Banken eine Strafverfolgung. Banken der vierten Kategorie müssen nichts beweisen. Sie können sich auf die Definitionen nach dem FATCA-Abkommen berufen.

Bundesrat erteilt Einzelbewilligungen

Banken, die sich am Programm beteiligen wollen, müssen beim Bundesrat eine Bewilligung beantragen, damit sie Unterlagen liefern können, ohne sich wegen Handlungen für einen fremden Staat strafbar zu machen. Kundendaten sind von der Bewilligung nicht erfasst. Diese dürfen nur im Rahmen eines Amtshilfeverfahrens geliefert werden, basierend auf dem alten oder dem neuen Doppelbesteuerungsabkommen. Das neue Abkommen, das Amtshilfe bei Steuerhinterziehung und Gruppenanfragen ermöglicht, haben die USA noch nicht ratifiziert.

Die Banken müssen im Rahmen der Kooperation mit den USA den Datenschutz und arbeitsrechtliche Bestimmungen beachten. Sie müssen betroffene Mitarbeitende, Anwälte und Treuhänder im Vorfeld informieren, wie es in der Musterverfügung des Bundesrates heisst.

Datenlieferungen anfechtbar

Die Betroffenen können die Datenlieferungen vor Gericht anfechten. Der Bundesrat hält in der Musterverfügung fest, es bestehe ein erhebliches Interesse der «Gesuchstellerin» an der Kooperation mit den US-Behörden. Eine Anklage hätte für die Bank einschneidende Konsequenzen und könnte deren Existenz bedrohen.

In der gemeinsamen Erklärung (Joint Statement) verpflichten sich die Schweiz und die USA, das Nötige zur Beendigung des Steuerstreits zu unternehmen. Die Schweiz verspricht, die Banken zu einer Teilnahme am Programm zu ermutigen. Weiter will sie sicherstellen, dass die Banken innerhalb des bestehenden Rechts in «wirksamer Weise» am US-Programm teilnehmen können.

Schliesslich verspricht die Schweiz, Amtshilfegesuche rasch zu behandeln und dafür zusätzliches Personal zu beschäftigen. Sollten Gerichte in der Schweiz eine wirksame Teilnahme der Banken verhindern, können die USA Banken vom Programm ausschliessen oder das Programm gar für beendet erklären.

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