Sollen Ältere bestimmen dürfen, wann sie sterben wollen – auch wenn sie nicht todkrank sind? Die Sterbehilfeorganisation Exit fordert das. Aber ist das auch ethisch vertretbar? Und ist Missbrauch denkbar? Auf dem Freiheitspodium diskutieren unter anderem Exit-Präsidentin Saskia Frei und der Basler Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger.
Der Beschluss der Sterbehilfeorganisation Exit, sich für das uneingeschränkte Selbstbestimmungsrecht zum Sterben von Hochbetagten, den sogenannten «Altersfreitod», einzusetzen, sorgte für ein grosses mediales Echo vor einem halben Jahr. Rund 700 Mitglieder hatten im vergangenen Mai an der Exit-Generalversammlung in Zürich teilgenommen und sich für einen entsprechenden Passus in den Exit-Statuten ausgeprochen.
Die Forderung von Exit ist äusserst umstritten. Denn künftig sollen also auch sterbewillige Menschen Sterbebegleitung erhalten können, die altersbedingte Leiden haben, von denen jedes Einzelne nicht tödlich ist, die aber grosse Einschränkungen im Alltag verursachen. Dazu gehören neben Altersbeschwerden etwa auch psychosoziale Probleme und Ängste.
Ärzte warnen vor Missbrauch
Die Forderung stösst bei vielen Ärzten und Ethikern auf Widerstand. Sie warnen vor Missbrauch. So befürchtet etwa Jürg Schlup, Präsident der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), dass sich künftig gewisse Betagte an Exit wenden könnten, weil sie Angst haben, ihren Angehörigen oder ihrer Umgebung zur Last zu fallen.
Bereits die heutige Regelung der sogenannten «medizinisch begleiteten Suizide» sorgen regelmässig für Debatten. Die Schweiz gehört zu den wenigen Ländern, die unter gewissen Umständen und auf Grundlage eines medizinischen Zeugnisses erlauben, dass ein Mensch Sterbehilfe beansprucht. Während die Gegner dieser Praxis Einschränkungen oder sogar ein Verbot fordern, setzen sich die Befürworter und Sterbehilfeorganisationen für eine weitere Erleichterungen ein.
Fast 70 Prozent für begleiteten Alterssuizid
Dabei stützen sie sich auch auf eine Studie, die von der Zeitung «Reformiert» in Auftrag gegeben wurde und deren Ergebnisse in der Oktober-Ausgabe publiziert wurden (PDF auf der Rückseite dieses Artikels). Die repräsentative Umfrage lässt darauf schliessen, dass eine Mehrheit von fast 70 Prozent der Schweizerinnen und Schweizern die Möglichkeit eines begleiteten Alterssuizids befürwortet – und zwar auch für sogenannte «lebenssatte Alte», deren natürlicher Tod nicht absehbar ist.
Dieser Wunsch sei nachvollziehbar, meint Exit-Präsidentin Saskia Frei. «Ich konnte meinen Beruf selbst aussuchen, ich konnte meinen Lebenspartner frei wählen, ich möchte auch über meinen Tod frei entscheiden», brachte es die Basler Anwältin im Schweizer Fernsehen auf den Punkt.
«Der geplante Tod» («Sternstunde Philosophie» auf SRF vom 12.10.2014)
Wie weit darf Sterbehilfe gehen? Ist die heutige Regelung zu streng? Ist der Freitod aus «Alterssattheit» ethisch vertretbar? Bleibt die Menschenwürde auf der Strecke?
Über diese Fragen wird am Freiheitspodium der Basler FDP vom kommenden Donnerstag diskutiert. Mit dabei sind Regierungsrat Lukas Engelberger, Vorsteher des Basler Gesundheitsdepartements, Exit-Präsidentin Saskia Frei, der Zukunftsforscher Andreas Walker sowie Urs Baudendistel, Leiter des Alters- und Pflegeheims Johanniter und Vorstand des Verbands Basler Alterspflegeheime (Moderation: Remo Leupin, TagesWoche).
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«Bevormundung oder Selbstbestimmung im Alter?», Donnerstag, 6. November, 18.30 Uhr (Türöffnung 18.15 Uhr), Stellwerk Bahnhof St. Johann, Vogesenplatz 1, Basel.