Der Solothurner Kantonsrat empfiehlt die Volksinitiative «Ja zu einer guten Volksschule ohne Lehrplan 21» mit 71 zu 22 Stimmen zur Ablehnung. Das Kantonsparlament beschloss am Dienstag, dass die Initiative ohne Gegenvorschlag den Stimmberechtigten zur Abstimmung unterbreitet wird.
Dem Beschluss ging ein längerer verbaler Schlagabtausch zwischen Befürwortern und Gegnern des Lehrplans 21 voraus. Der Kantonsrat folgte mit seinem Entscheid der Regierung, welche die Ablehnung der Initiative empfohlen hatte.
Der Lehrplan 21 sei der harmonisierte Lehrplan der Deutschschweiz. Die mit der Initiative geforderte Nichteinführung hätte zur Folge, dass der Kanton Solothurn unter grossem Aufwand einen eigenen Lehrplan erarbeiten müsste, hatte die Regierung in ihrer Botschaft an das Kantonsparlament gewarnt.
Bildungsdirektor Remo Ankli (FDP) blieb während der Debatte im Kantonsrat nur noch die Aufgabe, die Argumente der Lehrplan 21-Gegner zu zerpflücken.
Der Lehrplan 92 sei in den 1980-er Jahre erarbeitet worden, seither habe sich in der Gesellschaft viel verändert, hiess es bei der FDP. Die Initiative würde den Kanton Solothurn in die bildungspolitische Isolation führen und wäre mit hohen Kosten verbunden, meinte der Sprecher der SP.
Der Lehrplan 21 sei nicht vollkommen, aber er sei eine gute Grundlage, sagte der Sprecher der Grünen. Der Lehrplan sei ein guter Kompromiss und habe sich bei der Vernehmlassung noch verbessert.
Mit dem Lehrplan 21 werde vieles, das die Schule während Jahren erfolgreich gemacht habe, umgestossen, urteilte demgegenüber der Sprecher der SVP-Fraktion. Ein eigener Lehrplan sei billiger, als die gesamte Lehrplan 21-Einführung.
Andere Fraktionen waren gespalten, beispielsweise die CVP/EVP/GLP/BDP-Fraktion. Mit der Abschaffung der Jahresziele und der Einführung der Kompetenzorientierung werde der Wechsel von einem in einen anderen Kanton noch verschlechtert, sagte René Steiner (EVP), einer der Köpfe des Initiativkomitees. Der Lehrplan 21 habe sich von seinem Ziel weit entfernt und sei fernab jeglicher Realität, erklärte Nicole Hirt (GLP).
Das Solothurner Stimmvolk wird am 21. Mai zur dieser Initiative an die Urne gerufen. Im Nachbarkanton Aargau wird über eine ähnliche Initiative am 12. Februar abgestimmt.
Vertreter mehrere Parteien im Komitee
Die Initiative, die gegen die Einführung des Lehrplans 21 zielt, war vor fast auf den Tag genau zwei Jahren lanciert worden. Dem Initiativkomitee gehören Kantonsräte der EVP, CVP, SVP und der Grünliberalen an.
Das Komitee möchte, dass im Volksschulgesetz Bildungspläne formuliert werden, die Jahrgangsziele für jedes einzelne Schuljahr der Primarschule festlegen. Für die Sekundarschule sollen unter anderem die Fächer Geschichte, Geographie, Biologie, Physik und Chemie dazu gehören.
Die Bildungspläne für die Primar- und Sekundarschule sollen auf Inhalten aufbauen, wie es im Initiativtext weiter heisst. Interkantonale harmonisierte Bildungspläne sollen nur eingeführt werden können, wenn der Kantonsrat diesen zustimmt.
Die Bildungsbürokratie habe mit dem Lehrplan 21 ein «praxisuntaugliches und ideologisches Monstrum» geschaffen, das den Lernstoff in Tausende von sogenannten Kompetenzstufen zerhacke, hatte das Komitee bei der Lancierung festgestellt.
Vor genau einem Jahr hatte der Solothurner Kantonsrat entschieden, dass der Lehrplan 21 im Kanton Solothurn auf das Schuljahr 2018/19 eingeführt wird. Ein von 34 Ratsmitgliedern eingereichter Antrag auf eine Verschiebung auf 2012/22 wurde vom Kantonsparlament mit 58 zu 28 Stimmen abgelehnt.