Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat sich in Dänemark ein Bild über das als «Aarhus-Modell» bekannte Programm zur Deradikalisierung und Prävention von Radikalisierung gemacht. Die Justizministerin zeigte sich beeindruckt von der breit abgestützten Zusammenarbeit.
«Das Zusammenspiel aller relevanten Akteure auf den verschiedenen Ebenen ist zentral für das Gelingen eines solchen Programms», sagte Sommaruga am Freitag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur sda. Die Schweiz könne von den langjährigen Erfahrungen der Dänen profitieren.
Am Morgen tauschte sich Sommaruga in Aarhus mit Praktikerinnen und Praktikern von Jugend-, Sozialarbeit und Polizei aus. Diese berichteten von ihrer täglichen Arbeit mit den meist jugendlichen Personen, deren Familien und dem weiteren Umfeld.
Das «Aarhus-Modell» zeichne sich durch eine enge Zusammenarbeit von Schulen, Sozialbehörden und Polizei aus, schreibt das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) am Freitag in einer Mitteilung. Diese so genannte SSP-Initiative sei bereits vor rund 40 Jahren ins Leben gerufen worden, um ganz allgemein der Kriminalität vorzubeugen.
Heute umfasse das «Aarhus-Modell» verschiedene Programme, zum Beispiel auch in Gemeinschaftszentren oder in Schulen. Diese Programme, welche die Instrumente des Strafrechts ergänzen, sollen zum einen Personen von einer gewalttätigen Radikalisierung abhalten. Zum anderen sollen sie Personen, die sich bereits strafbar gemacht haben, Chancen für einen Ausstieg und eine Rückkehr zu einem Alltagsleben bieten.
Schweiz arbeitet Aktionsplan aus
Begleitet wurde Sommaruga in Dänemark von André Duvillard, dem Delegierten für den Sicherheitsverbund Schweiz (SVS), der bis in die zweite Jahreshälfte 2017 mit Vertreterinnen und Vertretern von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden den Nationalen Aktionsplan der Schweiz zur Bekämpfung von Radikalisierung und gewalttätigem Extremismus erarbeitet.
Auch in der Schweiz sei die Mitwirkung aller Stellen in allen Bereichen der Gesellschaft und auf allen Ebenen des Staates für das Gelingen entscheidend, sagte Sommaruga mit Blick auf den Aktionsplan. Sie betonte jedoch, dass es alleine mit der Ausarbeitung des Aktionsplans nicht getan sei. «Der Plan muss umgesetzt und gelebt werden.»
Man müsse auf die betroffenen Personen zugehen, sie begleiten und mit ihnen im Gespräch bleiben. «Wichtig ist, dass dabei auch das familiäre Umfeld, aber auch Schulen oder Arbeitgeber von betroffenen Personen einbezogen werden.» Ziel sei es, mit den Massnahmen möglichst früh anzusetzen, noch bevor die Strafverfolgungsbehörden eingreifen müssten.
Besuch im Gefängnis
Am Nachmittag tauschte sich die Justizministerin in Kopenhagen mit ihrem dänischen Amtskollegen Søren Pape Poulsen aus. Die beiden seien sich einig, dass im Kampf gegen Radikalisierung, gewalttätigem Extremismus und Terror auch immer wieder die Gesetze angepasst werden müssen.
Es brauche unter anderem Ausweissperren, um Ausreisen zu verhindern, und Bestimmungen, um gegen die Verbreitung von Propaganda im Internet vorzugehen. Die Schweiz wird noch in diesem Jahr verschiedene Gesetzesänderungen gegen den Terrorismus in die Vernehmlassung schicken.
Später am Nachmittag besuchte Sommaruga den dänischen Nachrichtendienst und die Vollzugsanstalt Vester Faengsel in Kopenhagen. Dort betreiben die Verantwortlichen unter anderem ein Mentoring-Programm für Häftlinge gegen Radikalisierung. Nicht nur in dänischen Gefängnissen seien solche Massnahmen wichtig, so Sommaruga. «Auch in der Schweiz.»