Bundesrätin Simonetta Sommaruga hat am Montag in Büren an der Aare BE eine Asylunterkunft besucht. Sie liess sich dort ein neues Beschäftigungs- und Ausbildungsprogramm für Flüchtlinge namens «In-Limbo» erklären.
Ziel des 2015 gestarteten Programms ist, dass die Asylsuchenden die Zeit bis zum Asylentscheid möglichst gewinnbringend einsetzen können – gewinnbringend für sich selber, für die Schweizer Steuerzahler und für die Schweizer Gesellschaft, wie die Entwickler sagten.
Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Asylsuchenden schon am Tag nach ihrer Ankunft in Büren auf «In-Limbo» hingewiesen. Wollen sie mitmachen, werden ihre Fähigkeiten erfasst und die erste Phase beginnt. Sie besteht in einfachen Arbeiten wie Reinigen des Hauses und der Umgebung, kombiniert mit Sprachunterricht.
In der zweiten Phase arbeiten dann die Flüchtlinge in Projektgruppen im und ausserhalb des Zentrums. Sie sind in der Wäscherei, dem Gebäudeunterhalt, aber auch in einer «Bienenschule», der Zentrums-Gärtnerei und in einer Velo-Werkstatt tätig. Weiterhin verbessern sie ihre sprachlichen Fähigkeiten.
In der dritten Phase sollen die Asylsuchenden so weit sein, dass sie sich entweder in den Schweizer Arbeitsmarkt integrieren können oder – bei einem negativen Asylentscheid – vom Gelernten in ihrer Heimat profitieren. Diese dritte Phase beginnt im siebten Monat.
Sommaruga lobte am Montag vor den Medien das Konzept als Stärkung der Asyl suchenden Menschen. Es gebe den Flüchtlingen Perspektiven. Ab diesem Sommer will der Verein Asyl Biel & Region, der die Bürener Kollektivunterkunft betreibt, das «In-Limbo»-Konzept auf alle seine sieben Unterkünfte ausweiten.
«In Limbo» ist lateinisch und meint streng genommen «am Rand». Die Entwickler habe es als «in der Schwebe» übersetzt – als Programm für Menschen in der Schwebe. Am Rundgang nahmen auch die Berner Regierungsräte Hans-Jürg Käser und Pierre Alain Schnegg teil.
Wer mitmacht, erhält Taschengeld
Etwa zwei Drittel der zirka 100 im Bürener Asylzentrum lebenden Flüchtlinge nehmen an «In-Limbo» teil, wie Mitgründer und Organisationsentwickler Jonas Beer sagte. Wer mitmacht, erhält ein Taschengeld, so wie es auch in anderen Asylunterkünften etwa für Reinigungsarbeiten abgegeben wird.
Einer der Teilnehmer am Programm ist der 24-jährige Eritreer Shewit Shemendi. Er sagte der Nachrichtenagentur sda, nicht nur wegen des Taschengelds mache er mit, sondern weil Arbeiten immer besser sei als nichts tun. Er sei schon in Eritrea als Bauer tätig gewesen und habe in Büren viel über Pflanzenernährung gelernt. Er wolle in der Schweiz Gärtner werden.
Eritreer könnten sehr gut mit Werkzeugen umgehen, sagte dazu seine Betreuerin Julia Bäuerlein, eine diplomierte Gärtnerin. Doch ihnen fehle es an Hintergrundwissen. Das werde ihnen hier vermittelt. Bäuerleins Team geht auch in Privatgärten Obst pflücken und bekämpft Neophyten, also gebietsfremde, invasive Pflanzen.
Das Imker-Team arbeitet mit dem Verein Melifera zusammen, der sich der Förderung einer einheimischen, dunklen Biene verschrieben hat. Er hat zu wenige Mitglieder – hier springen die Asylsuchenden ein.
Gerade die Imkerei eigne sich hervorragend als Rückkehrhilfe, sagte die in Büren tätige Imkerin Isabelle Bandi – auch in Afrika lasse sich mit Honig Geld verdienen. Oder, wie es auf einem aufgehängten Plakat stand: «Bees make Honey. Beekeepers make Money» – Bienen produzieren Honig – Imker machen Geld.
3000 Stunden gemeinnützige Arbeit
Andere Beschäftigungsprogramme für Flüchtlinge seien oft auf einen Bereich beschränkt, sagte Beer weiter. «In-Limbo» strebe ein breiteres Einsatzfeld ein und setze konsequent auf die Kombination Beschäftigung und Bildung. Das unterscheide es von anderen Programmen.
Die Allgemeinheit koste das Programm keinen Franken mehr als die Betreuung von Asylsuchenden sonst irgendwo – Ausbildnerinnen wie Bäuerlein oder Bandi erhielten eine Vergütung, die sonst einfach in die Betreuung von Asylsuchenden flösse.
Fast 3000 Stunden gemeinnützige Arbeit leisteten die Bürener In-Limbo-Teilnehmer letztes Jahr. Auf diese Weise hätten sie sich 10’000 Franken Sozialhilfe selber verdient, schreiben die Projektverantwortlichen. 2017 soll die Zahl auf 80’000 vervielfacht werden.