Die kurze Frist von drei Jahren zur Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative hat die Schweiz aus Sicht von Justizministerin Simonetta Sommaruga in eine schwierige Verhandlungsposition gebracht. Die Schweiz habe sich so «selber unter Druck gesetzt», sagte sie.
«Mit einer engen Frist verhandeln zu müssen, verschlechtert die eigene Verhandlungsposition», sagte Sommaruga in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Donnerstag. Die EU wisse, dass die Schweiz eine Frist habe. «Aber so steht es nun einmal in der Verfassung.»
Zwar hat die Schweiz ihren Wunsch zu Verhandlungen über die Personenfreizügigkeit bei der EU deponiert. Diese zeigte aber bisher kaum Bereitschaft dazu und ein verabschiedetes Verhandlungsmandat gibt es noch auf keiner Seite. Die Umsetzungsfrist der Initiative, die Zuwanderungskontingente verlangt, läuft im Februar 2017 ab.
Im Hinblick auf die Gespräche mit der EU werde sie als Bundespräsidentin im kommenden Jahr «stark in die Kontakte mit Europa investieren», kündigte die Berner SP-Politikerin weiter an.
Die kürzlich lancierte Initiative, welche die SVP-Initiative rückgängig machen will, wolle sie nicht bewerten. Es sei aber nichts Neues, wenn in der Schweiz mehrmals über das gleiche Thema abgestimmt wird. «Neu ist aber, dass so kurz nach einer Abstimmung nochmals abgestimmt werden soll.»
Bundesrat stösst keine institutionelle Reform an
Sommaruga hat für ihr Präsidialjahr 2015 die direkte Demokratie zu einem ihrer Anliegen erklärt. Zur Diskussion um eine Reform der Volksrechte sagte sie im Interview, das Funktionieren der direkten Demokratie hänge aus ihrer Sicht nicht von Regeln ab, «sondern von der politischen Kultur».
Auf die Frage, ob sie keinen Bedarf für institutionelle Reformen sehe, sagte sie: «Wenn es Veränderungen geben sollte, werden sie sicher nicht vom Bundesrat angestossen.» Sie begrüsse aber Diskussionen um Reformvorschläge, wie sie derzeit etwa zur Unterschriftenzahl oder den Ungültigkeitsgründen kursieren.
In Anspielung auf Einschätzungen, mit dem Votum vom 9. Februar sei es darum gegangen, ein Zeichen zu setzen, sagte sie: «Die Verfassung ist keine Zeichen-Sammlung». Mit dieser Argumentation eine lasche Umsetzung zu fordern, wie es Wirtschaftsleute täten, geht aus Sommarugas Sicht nicht an. «So darf man mit unliebsamen Abstimmungsresultaten nicht umgehen. Die Bundesverfassung gilt.»