Der Abstimmungskampf zur Abzocker-Initiative hat begonnen. Am Dienstag hat Justizministerin Simonetta Sommaruga die Argumente des Bundesrates gegen die Initiative dargelegt, über die seit Jahren diskutiert wird. Sie warb für den indirekten Gegenvorschlag.
Die Initiative nehme ein berechtigtes Anliegen auf, sagte Sommaruga vor den Medien in Bern. Der Ärger über exzessive Löhne und Boni sei gross. „Der Selbstbedienungsmentalität gewisser Manager muss man einen Riegel schieben.“ Es lohne sich aber, genau zu prüfen, welche Massnahmen hilfreich seien.
Aus Sicht des Bundesrates ist der indirekte Gegenvorschlag die bessere Lösung. Manche Punkte der Initiative gingen zu weit und wären kontraproduktiv, sagte Sommaruga. So würde die vorgesehene einjährige Amtsdauer des Verwaltungsrates kurzfristigem Denken Vorschub leisten. Gemäss dem Gegenvorschlag könnten die Aktionäre die Amtsdauer auf zwei oder drei Jahre verlängern.
Abzocker auch unter den Aktionären
Der indirekte Gegenvorschlag nehme die wesentlichen Forderungen der Initiative auf, betonte Sommaruga. Er enthalte Massnahmen gegen masslose Vergütungen und stärke die Aktionärsrechte. Im Unterschied zur Initiative schaffe er aber ein ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen Aktionären, Verwaltungsrat und Geschäftsleitung.
„Es gibt auch unter den Aktionären Abzocker“, gab die Bundesrätin zu bedenken. Manche seien nur an einer kurzfristigen Rendite interessiert. Hätten sie zu viel Macht, könnten sie ein Unternehmen schwächen.
Mehr als die Initiative
Aus Sicht des Bundesrates ist der Gegenvorschlag allerdings nicht einfach eine schwächere Version der Initiative. In einigen Punkten gehe er über die Initiative hinaus, sagte Sommaruga.
So sehe er verschärfte Bestimmungen zur Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrates und zur Rückerstattung von ungerechtfertigten Vergütungen vor. Auch müsste die Generalversammlung das Vergütungsreglement genehmigen. So hätten die Aktionäre Einfluss auf die allgemeine Vergütungspolitik.
Zu starre Regeln
Der Bundesrat stellt sich aber auch deshalb gegen die Initiative, weil ihm diese in manchen Punkten zu weit geht. Zu starre Regeln beschränkten den Handlungsspielraum der Unternehmen, schreibt das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD).
Sommaruga nannte als Beispiel das Verbot von Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen. Während der Gegenvorschlag Ausnahmen erlaubt, verlangt die Initiative ein absolutes Verbot. In gewissen Fällen seien Abgangsentschädigungen im Interesse eines Unternehmens, findet der Bundesrat.
Differenziertere Bestimmungen
Zu den zentralen Forderungen der Initiative gehört, dass die Aktionäre börsenkotierter Unternehmen jährlich über die Gesamtsumme der Vergütungen des Verwaltungsrats, des Beirats und der Geschäftsleitung abstimmen.
Dies sieht auch der Gegenvorschlag vor. Bei den Löhnen der Geschäftsleitung sollen die Aktionäre aber selbst entscheiden können, ob die Abstimmung bindende oder konsultative Wirkung hat. Dieser Unterschied sei gerechtfertigt, da die Geschäftsleitung die eigenen Löhne nicht selbst festlege, sagte Sommaruga dazu.
Über die Abzocker-Initiative von Thomas Minder entscheiden Volk und Stände am 3. März. Wird die Initiative abgelehnt, tritt der Gegenvorschlag in Kraft. Eine offizielle Abstimmungsempfehlung gibt es nicht: Weil das Parlament keine formuliert hat, muss auch der Bundesrat darauf verzichten. Er hält aber klar fest, dass er die Initiative ablehnt.