Simonetta Sommaruga hat am Mittwoch einen ihrer ersten grossen Auftritte im Präsidialjahr gehabt: Beim Neujahrsempfang des diplomatischen Corps sprach sie jedem Botschafter in der Schweiz persönlich ihre Wünsche aus.
Umrahmt wurde der Anlass traditionell von einer Zeremonie vor dem Bernerhof. Wo bis vor 90 Jahren Gäste aus nah und fern in luxuriösen Hotelzimmern nächtigten, strömen an diesem kalten Januarnachmittag Diplomaten aus aller Welt in Scharen herbei.
Der Bernerhof im Westflügel des Bundeshauses, heute Sitz des Eidgenössischen Finanzdepartements und Ort für Staatsempfänge, ist speziell herausgeputzt worden.
Botschafterinnen und Botschafter aus rund 170 Ländern werden erwartet. Schon lange bevor die ersten Diplomaten den roten Teppich betreten, trommelt und bläst die Schweizer Militärmusik. Polizisten sperren die Strasse ab, erste Schaulustige stehen hinter den Abschrankungen auf dem Trottoir in der Bundesgasse.
Um 14.44 Uhr trifft die Gastgeberin ein, Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. Flankiert von Bundesratsweibeln und wenig beeindruckt ob der zeremoniellen Ehrerbietung, betritt sie den Bernerhof. Es ist kalt und windig. Die Musikkapelle scheint dies wenig zu stören. Sie steht weiter stramm und spielt praktisch pausenlos weiter.
Berner Marsch für weltweite Botschafter
Wenig später wähnt man sich im Mittelalter. Mehr als ein Dutzend Pferde traben auf den Vorplatz des Bernerhofs. Die Reiter präsentieren schwarze, federgeschmückte Hüte. Ihr Gewand enthält die Berner Kantonsfarben: rot, gelb, schwarz.
Dem Gestüt des Nationalen Pferdezentrums folgen wenig später die Mitglieder der Berner Stadtregierung. Präsident Alexander Tschäppät und seine Kolleginnen und Kollegen werden in den Hof kutschiert. Der Berner Marsch ertönt in einer 7-Minuten-Version.
Und dann endlich kommen sie, die eigentlichen Protagonisten des Tages. In meist schwarzen Limousinen fahren die diplomatischen Vertreter vor. Afrikanische Botschafterinnen in bunten Gewändern, Diplomaten im Scheichkostüm und westliche Botschafter in klassischen dunklen Anzügen schlendern über den roten Teppich.
Dazwischen der Nuntius, Vertreter des Heiligen Stuhls. Er gilt als der «dienstälteste» Botschafter. In dieser Funktion begrüsst er die Bundespräsidentin später im Namen aller Botschafter.
Frieden, Sicherheit und Wohlergehen
Bevor es so weit ist, werden draussen wie drinnen Hände geschüttelt, Nettigkeiten ausgetauscht und wird aufs neue Jahr angestossen. Es sind alle da: neben dem Nuntius und der Bundespräsidentin auch weitere Bundesräte sowie der Nationalrats- und der Ständeratspräsident.
«Ihnen und den Staaten, die Sie vertreten, darf ich die besten Wünsche des Bundesrates und der Schweizer Bevölkerung wie auch meine persönlichen Wünsche für Frieden, Sicherheit und Wohlergehen überbringen», sagt Sommaruga.
In ihrer Rede spricht die Bundespräsidentin die derzeit unruhigen Zeiten an – und verurteilt zum wiederholten Mal die Terroranschläge in Frankreich von vergangener Woche: «Wir sind immer noch schockiert über das feige Attentat von Paris.»
«Wir sind ein Haus in diesem globalen Dorf»
Die Schweiz gehöre zu den privilegierten Nationen, sagt Sommaruga. Ihre Stabilität sei auch auf die direkte Demokratie zurückzuführen. Doch auch die Diplomatie spiele eine entscheidende Rolle: Das Verhältnis der Schweiz zu ihren Nachbarn und zu Europa werde auch in diesem Jahr ein Schwerpunkt der Aussenpolitik sein.
«Als Land mit beschränktem politischem Einfluss und überproportional hoher Wirtschaftskraft sind wir auf funktionierende internationale Beziehungen angewiesen», spricht die Justizministerin zu den anwesenden Botschafterinnen und Botschaftern. «Wir sind ein Haus in diesem globalen Dorf.»
Auch der Nuntius ergreift nach der Zeremonie das Wort und spricht dem ebenfalls anwesenden Aussenminister Didier Burkhalter ein Sonderlob aus: Als Vorsitzender der OSZE habe er im vergangenen Jahr gezeigt, was mit Diplomatie erreicht werden könne.