Der verschanzte Berner «Heiler» ist am Freitagmittag von einer Polizei-Sondereinheit mit einer Elektroschock-Pistole ausser Gefecht gesetzt und überwältigt worden. Der Mann ist unverletzt und befindet sich in Haft.
Wo die Angehörigen der Sondereinheit Enzian den «Heiler» genau überwältigen konnten, in seiner Wohnung oder ausserhalb, verschwieg Regionalpolizeichef Manuel Willi an einem Point de Presse in Bern am Freitagnachmittag. Der Heiler sei bewaffnet gewesen. Welche Art von Waffen er bei sich hatte, liess Willi ebenfalls offen.
Die Polizisten hätten gegen den Mann einen sogenannten Taser, also eine Elektroschock-Pistole, eingesetzt. Danach sei der Mann zur Kontrolle seines physischen und psychischen Zustands ins Spital gebracht worden.
Bei der Stürmung des Hauses wurde auch eine Frau angehalten, die sich in der Wohnung des «Heilers» befunden hatte. Es handle sich um eine Bekannte des Mannes, sie habe sich freiwillig in der Wohnung aufgehalten, führte Willi aus. Ihre genaue Identität werde derzeit noch geklärt.
Das Ziel der Polizei sei es gewesen, dass bei dem Einsatz niemand zu Schaden komme. Das habe man erreicht, bilanzierte Willi. Die Polizeiaktion dauerte aber nicht nur deswegen so lange, sondern auch, weil der «Heiler» auf das Kommen der Polizei vorbereitet war und entsprechende Schlösser an den Türen angebracht und diese gesichert hatte.
Drohungen gegen Polizei
Am Donnerstag hatten zunächst vier Polizisten mit dem «Heiler» zweimal Kontakt an der Haustüre. Der Verschanzte habe Drohungen gegen Polizei und Justiz ausgestossen. Die Einsatzkräfte hätten sich dann wegen unklarer Bedrohungslage zurückgezogen und Verstärkung angefordert.
Wegen der Drohungen, erliess die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl. Wie lange der Mann in Haft bleibt ist offen. Unklar ist auch, ob er noch vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland erscheinen wird, wo derzeit ein Prozess gegen ihn stattfindet.
Nicht vor Gericht erschienen
Der selbsternannte Heiler hatte sich am Donnerstag in seinem Haus verschanzt und sich einer Aufforderung widersetzt, vor Gericht zu erscheinen. Vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland ist der Heiler angeklagt, weil er mutmasslich 16 Menschen absichtlich mit HIV infizierte.
Nachdem der Mann zweimal nicht wie vorgesehen vor Gericht erschien, liess der Gerichtspräsident den «Heiler» von der Polizei abholen. Als diese eintraf, verschanzte sich der Mann in seinem Haus. Er war bewaffnet.
Prozess geht weiter
Am Freitagnachmittag wurde der Prozess gegen den «Heiler von Bern» fortgesetzt. Geplant sind erste Plädoyers von Opfer-Anwälten. Ob der Heiler selber dem Gericht vorgeführt wird, ist offen.
An dem nun schon mehrere Tage dauernden Prozess haben die Opfer den Angeklagten schwer belastet. Auch ein medizinisches Gutachten belastete den Heiler. Der Staatsanwalt forderte am Donnerstag in seinem Plädoyer eine 15-jährige Freiheitsstrafe für den Angeklagten.
Der Heiler befand sich vor Beginn des Prozesses auf freiem Fuss. Nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft machte ihm die Berner Justiz zunächst Auflagen. So durfte der Mann den Kanton Bern nicht verlassen und musste sich täglich bei der Polizei melden. Das Bundesgericht strich aber die meisten dieser Auflagen; sie seien unverhältnismässig, war das höchste Gericht der Ansicht.