Sozialisten bei Gemeindewahl in Frankreich abgestraft

Die regierenden Sozialisten abgestraft, die extreme Rechte auf dem Vormarsch: Durch die erste Runde der Gemeindewahlen am Sonntag ist das Parteiengefüge in Frankreich schwer erschüttert worden.

Die FN-Chefin Marine Le Pen (Bild: sda)

Die regierenden Sozialisten abgestraft, die extreme Rechte auf dem Vormarsch: Durch die erste Runde der Gemeindewahlen am Sonntag ist das Parteiengefüge in Frankreich schwer erschüttert worden.

In vielen Städten konnte sich der rechtsextreme Front National als drittstärkste Kraft etablieren, in rund 20 Städten und Gemeinden kam sie sogar auf den ersten Platz.

Die Sozialisten riefen am Montag zu einem Linksbündnis gegen die Rechten beim zweiten Wahlgang am nächsten Sonntag auf. Sozialistenchef Harlem Désir sagte, zusammen mit den Grünen und den Kommunisten sei ein „möglichst breiter Zusammenschluss“ mit einer Zusammenlegung von Listen für die Stichwahl beschlossen worden.

In der Hauptstadt Paris kam die sozialistische Kandidatin Anne Hidalgo überraschend nur auf Platz zwei, während die Kandidatin der Konservativen UMP, Nathalie Kosciusko-Morizet, mit 35,64 Prozent knapp vorne lag. Sollten die Wähler der Grünen in der zweiten Runde aber für Hidalgo stimmen, dann dürfte Paris weiter sozialistisch regiert bleiben.

Landesweit kamen die linken Parteien zusammen nur auf 37,74 Prozent der Stimmen, wie vorläufige Zahlen des Innenministeriums ergaben. Die konservativen Parteien erhielten zusammen 46,54 Prozent. Auf den Front National entfielen landesweit zwar nur 4,65 Prozent, doch war die rechtsextreme Partei in weniger als 600 der 36’767 Städte und Gemeinden überhaupt angetreten.

Spektakulär hohe Stimmenanteile

Dort wo sich FN-Kandidaten bewarben, kamen sie auf teils spektakulär hohe Stimmenanteile: In der Millionenmetropole Marseille, die die Sozialisten unbedingt erobern wollten, kam der FN-Kandidat auf 23 Prozent.

Sogar auf den ersten Platz kamen FN-Kandidaten etwa in den südfranzösischen Städten Béziers, Perpignan oder Avignon sowie im lothringischen Forbach. Auf Anhieb die absolute Mehrheit holte der FN in der nordfranzösischen Kleinstadt Hénin-Beaumont.

In der zweiten Runde ist der Bürgermeisterkandidat mit den meisten Stimmen gewählt. Da die konservative UMP eine Wahlempfehlung für sozialistische Kandidaten ausgeschlossen hat, könnte sich im Falle von Dreier-Konstellationen der FN-Kandidat dort durchsetzen, wo er bereits in der ersten Runde auf dem ersten Platz war.

Die Sozialisten kündigten allerdings an, dass sie in einzelnen Städten ihre Kandidaten zurückziehen, um FN-Bürgermeister zu verhindern.

Le Pen: „Systematische“ Steuersenkungen

FN-Chefin Marine Le Pen versprach Steuersenkungen in allen Gemeinden, in denen die Rechtsextremen regieren. Dies werde „systematisch“ zu den ersten Massnahmen zählen, sagte sie dem Sender RMC. Das Zwei-Parteien-System in Frankreich – mit Sozialisten und konservativer UMP – sei beendet.

UMP-Chef Jean-François Copé sprach hingegen von einer „Renaissance“ seiner Partei, die sich nach der verlorenen Präsidentschaftswahl von 2012 interne Grabenkämpfe geliefert hatte.

Trotz ihrer Schlappe sah die sozialistische Regierung in Paris keinen Grund, ihren Kurs zu ändern. Regierungssprecherin Najat Vallaud-Belkacem sagte im Sender France 2, Reformen brauchten Zeit. Allerdings wurden in Paris die Stimmen lauter, die von einer Regierungsumbildung direkt nach der zweiten Gemeindewahl-Runde – auch mit einem Austausch von Premierminister Jean-Marc Ayrault – ausgingen.

Die Sozialisten hoffen, dass sie ihre Wähler bei der zweiten Runde besser mobilisieren können. Die Wahlbeteiligung war auf den historischen Tiefstand von 61,28 Prozent gesunken.

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