Die SP will die Einwanderungsdiskussion ohne Tabus angehen. „Das Thema darf nicht der SVP überlassen werden,“ sagte Parteipräsident Christian Levrat in Zeitungsinterviews. Im September soll dem Parteikongress ein Positionspapier zur Migration vorgelegt werden.
„Wir werden in den nächsten sechs Monaten mit der Parteibasis diese Frage ausführlich besprechen“, sagte Levrat in dem Interview, das in der „SonntagsZeitung“ und „Le Matin Dimanche“ erschien. Die Personenfreizügigkeit und die flankierenden Massnahmen funktionierten im Innern des Landes, aber nicht in Grenzgebieten.
Dort sei die Situation unterschätzt worden, gab Levrat zu bedenken. Vor allem im Tessin und in Genf und teilweise auch in Basel seien der Arbeitsmarkt, die Wohnungspolitik und die Entwicklung der Infrastrukturen nur zum Teil unter Kontrolle.
Nachverhandlungen zu riskant
Er sei bereit, ernsthaft über effizientere Ventilklauseln oder generell über eine regionale zahlenmässige Beschränkung zu reden, sofern die betroffenen Kantone es wünschten, sagte Levrat. Die Personenfreizügigkeit selbst in Frage stellen könne man nicht, solange sie als Prinzip in der EU gelte, stellte er klar.
Nachverhandlungen der Personenfreizügigkeit sei angesichts möglicher Gegenforderungen zu riskant, sagte Levrat auf eine entsprechende Frage. Doch: Eine Diskussion zur Einwanderung ohne ernsthafte Auseinandersetzung mit der Personenfreizügigkeit ergebe keinen Sinn. Denn 70 Prozent der neu Zugewanderten kämen auf diesem Weg ins Land.
Den Zwang zum Handeln begründete Levrat auch mit dem Umstand, dass „die Unterstützung der Personenfreizügigkeit laufend erodiert“. Keine Lösung sieht er in der Volksinitiative der SVP „gegen Masseneinwanderung“ und im Volksbegehren der Organisation Ecopop, das die Einwanderung ebenfalls einschränken will.
Teillegalisierung für Sans-Papiers diskutieren
Levrat äusserte sich im Interview auch zu den Sans-Papiers. Er plädierte dafür, dass die SP mit den Bürgerlichen über eine Teilregularisierung dieser Menschen sprechen sollte.
Für eine Regularisierung aller Menschen ohne geregelten Aufenthalt gebe es keine Mehrheit. „Es gibt 100’000 bis 150’000 Sans-Papiers, die in der Schweiz integriert sind“, sagte er.