Die SP sieht die Wahlen vom 18. Oktober als Wahl zwischen zwei Visionen der Schweiz: einer Schweiz der Angst und Abschottung und einer Schweiz des Selbstvertrauens und der Öffnung.
Die erste Vision – die nicht die Vision der Sozialdemokraten ist – beinhalte die Kündigung der Menschenrechtskonvention, die Abschaffung des Asylrechts und den Verzicht auf die bilateralen Verträge mit der EU, sagte SP-Präsident Christian Levrat am Dienstag vor den Medien in Bern.
Nicht nur darum gehe es aber bei den Wahlen vom Herbst. Entscheidend sei der Ausgang auch für die Energiewende, die Zukunft der AHV und die Zusammensetzung des Bundesrates. In diesen Fragen dürfte es im Parlament knapp werden. Levrat geht davon aus, dass es am Ende auf etwa sieben Sitze ankommt.
Erhöhung der Renten statt des Rentenalters
Fielen diese in die Hände der Rechten, seien die Energiewende, die Renten und die Wiederwahl von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf gefährdet. Die Rechte unter Federführung des Gewerbeverbandes wolle das Rentenalter auf 67 Jahre erhöhen, gab der SP-Präsident zu bedenken.
Für eine ausgewogene Reform mit einer Erhöhung der AHV-Rente müsse die SP nicht nur ihre eigenen Sitze verteidigen, sondern auch Verluste von CVP oder Grünen wettmachen. Ziel der SP ist ein Wähleranteil von 20 Prozent. 2011 hatte sie 18,7 erzielt, das letzte Wahlbarometer prognostiziert ihr 19,3 Prozent.
Unabhängig vom Ausgang der Wahlen will die SP Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf unterstützen, wenn sich im Dezember die Mitglieder des Bundesrates der Wiederwahl stellen müssen. Eine rechte Mehrheit im Bundesrat wäre nur gerechtfertigt, wenn die SVP und die FDP im Parlament eine Mehrheit hätten, sagte Levrat dazu.
Konkrete Probleme der Wählenden
Zu den Wahlkampfthemen der SP gehören neben der Rentenreform die Verdrängung älterer Arbeitnehmender und die Wohnungsnot. Die Partei zeigt sich überzeugt, dass diese Themen die Wählenden betreffen und damit interessieren. Die Themen Migration und Asyl, welche die SVP in den Vordergrund stellt, sind zwar auch der SP wichtig. Die Partei habe aber entschieden, nicht auf jede Provokation der SVP zu reagieren, sagte Co-Generalsekretärin Flavia Wasserfallen. Die FDP und die CVP hätten «die Nerven leider nicht behalten».
Christian Levrat zeigte sich überzeugt, dass derzeit eine «sehr laute Minderheit» zu vernehmen ist – und dass die schweigende Mehrheit deren Haltung nicht teilt. Die meisten Menschen seien zwar nicht bereit, Missbrauch zu tolerieren. Sie seien aber absolut bereit, echte Flüchtlinge aufzunehmen. Und solche kämen derzeit in die Schweiz. Das System funktioniere, es gebe keinen Grund zur Hysterie.
Auch das Verhältnis zur EU steht nicht im Zentrum des sozialdemokratischen Wahlkampfs. Die SP habe indes eine klare Haltung zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, betonte Levrat: Die bilateralen Verträge hätten Vorrang. Auf Kontingente sei zu verzichten, weil solche nicht mit der Personenfreizügigkeit vereinbar seien. Die Initiative müsse mit wirtschaftspolitischen Massnahmen umgesetzt werden, mit der Ausschöpfung des Potenzials von Frauen und älteren Arbeitnehmenden im Inland.
«Typisch SP»: Plakate und Gespräche
Auf sich und ihre Themen aufmerksam machen will die SP mit Plakaten, auf welchen ihre Positionen von karikierten Gegnern verhöhnt werden. Abgebildet ist etwa der Prototyp des unsympathischen jungen Karrieristen mit dem Zitat «Haha, Jobs für alte Büezer? Typisch SP…»
Daneben setzt die SP auf ihren alten Slogan «Für alle statt für wenige». Weil der Kampf für soziale Gerechtigkeit dringlicher sei denn je, sei auch der Slogan aktueller denn je, erklärt die Partei. Schliesslich will die SP mit mindestens 100’000 Wählerinnen und Wählern sprechen, an der Haustür und per Telefon. Dabei setzt sie auf Freiwillige. «Die anderen Parteien haben die Millionen, wir haben die Menschen», sagte Co-Generalsekretärin Flavia Wasserfallen.
Für den Wahlkampf hat die SP 1,4 Millionen Franken zur Verfügung. Das sei gleich viel wie 2011 und ungefähr so viel, wie die SVP bis zu den Sommerferien ausgegeben habe, stellte Co-Generalsekretärin Leyla Gül fest. Die SP ist stolz darauf, dass über 90 Prozent aus Mitgliederbeiträgen und Spenden von Privatpersonen stammen. Anders als die bürgerlichen Parteien müsse sie damit nicht die nächsten vier Jahre Spenden aus der Wirtschaft mit massgeschneiderten Gesetzen und Gefälligkeiten vergelten, hält die Partei fest.