Überschattet von Spähvorwürfen gegen den US-Geheimdienst NSA haben am Montag in Washington die Verhandlungen über eine gemeinsame Freihandelszone zwischen der EU und den USA begonnen. Einzelheiten wurden noch nicht bekannt. Zunächst gehe es um Verfahrensfragen.
Am Mittwoch wollen die Verhandlungspartner erstmals vor die Presse treten. Insgesamt dürften die Gespräche über die weltweit grösste Freihandelszone, die 800 Millionen Menschen umfassen soll, weit über ein Jahr dauern.
Die geplante Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) soll durch den Abbau von Handelshemmnissen das Wachstum in der EU und in den USA ankurbeln und Hunderttausende neue Arbeitsplätze schaffen. Beide Seiten hatten das Vorhaben erst vor drei Wochen beim G8-Gipfel in Nordirland offiziell angekündigt. Nach Meinung von Experten könnten bis zu zwei Millionen zusätzlicher Jobs entstehen.
Zwar gibt es bereits heute eher geringe Zölle zwischen den USA und der EU, doch unterschiedliche technische Normen, Sicherheitsstandards oder Wettbewerbsvorschriften erschweren den Handel. Zudem stehen die beiden Handelsblöcke USA und EU in Konkurrenz mit aufstrebenden Ländern wie China, Indien und Brasilien.
Es wird erwartet, dass die echten Knackpunkte der geplanten Freihandelszone frühestens im Herbst zur Debatte stehen. Als schwierig gilt unter anderem, dass sich Frankreich mit der Forderung durchsetzte, Film, Musik und andere Medien aus den Gesprächen zunächst auszuschliessen.
Merkel verlangt erneut Aufklärung
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hob in Berlin die wirtschaftliche Bedeutung der Freihandelszone hervor, verlangte aber erneut Aufklärung der Amerikaner «zu Fragen des Datenschutzes». Angesichts der Spionageaffäre hatte es zuletzt europaweit auch Forderungen gegeben, die Handelsgespräche vorerst nicht zu beginnen.
Die NSA soll EU-Vertretungen ausgespäht und in grossem Stil auch in Deutschland Kommunikation per E-Mail und Telefon überwacht haben. Enthüllt wurde dies vom Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden.
EU-Handelskommissar Karel De Gucht äusserte sich zum Gesprächsauftakt überzeugt, «dass dies im Ergebnis zu mehr Jobs, mehr Wachstum führen wird und uns aus der wirtschaftlichen Krise helfen kann». Eine Einigung «wäre eine sehr, sehr gute Botschaft an die gesamte Weltwirtschaft».