Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy soll als Zeuge im Prozess um schwere Korruptionsvorwürfe gegen Mitglieder seiner rechtskonservativen Volkspartei (Partido Popular, PP) aussagen. Das erklärte ein Sprecher des Staatsgerichtshofs am Dienstag.
Ein Datum für die Aussage stehe bislang nicht fest, sagte der Sprecher. PP-Würdenträger sollen jahrelang Schmiergelder kassiert und Firmen dafür bei der Vergabe von Aufträgen bevorzugt haben. Unter den 37 Angeklagten sind zwei ehemalige Schatzmeister von Rajoys Partei.
Hauptangeklagter ist der Geschäftsmann Francisco Correa, dessen Nachname auf Deutsch Gurt oder Gürtel bedeutet. Das im vergangenen Oktober begonnene Verfahren läuft in Spanien deshalb auch unter der deutschen Bezeichnung Gürtel-Prozess.
Rajoy ist seit 2004 Parteichef und seit 2011 Ministerpräsident. Die Partei selbst kann strafrechtlich nicht belangt werden, weil illegale Parteienfinanzierung in Spanien erst seit 2015 ein Straftatbestand ist. Für Rajoy ist die «Gürtel-Affäre», einer der grössten Korruptionsskandale in Spanien, eine schwere Last.
Affäre kostet Stimmen
Im Zuge der Affäre war 2014 die damalige PP-Gesundheitsministerin Ana Mato zurückgetreten. Sie wird in der Schmiergeldaffäre zwar nicht als Verdächtige geführt, soll aber von den mutmasslichen Vergehen ihres angeklagten Ex-Mannes Jesús Sepúlveda profitiert haben, als dieser zwischen 2003 und 2009 Bürgermeister des Madrider Vororts Pozuelo de Alarcón war.
Der Korruptionsskandal kostete Rajoys Partei viele Stimmen. Zwischen 2011 und Ende 2015 stand Rajoy an der Spitze einer PP-Regierung, die sich auf eine absolute Mehrheit im Parlament stützen konnte.
Danach war er nur geschäftsführend im Amt, weil er es nach der Parlamentswahl vom Dezember 2015 nicht schaffte, eine Koalition zu schmieden und sich so eine Regierungsmehrheit zu sichern.
Auch nach der Parlamentswahl vom Juni 2016 war die Rajoy-Partei weit von der Mandatsmehrheit entfernt. Erst die Enthaltung der Mehrheit der sozialistischen Abgeordneten im November 2016 ermöglichte es Rajoy, nach monatelanger politischer Lähmung für eine zweite Amtszeit vereidigt zu werden.