Ein massiver Einsatz ukrainischer Spezialeinheiten im russischsprachigen Osten des Landes hat die Spannungen zwischen Kiew und Moskau weiter verschärft. Russland warnt vor einem «Bürgerkrieg».
Ein massiver Einsatz ukrainischer Spezialeinheiten im russischsprachigen Osten des Landes hat die Spannungen zwischen Kiew und Moskau weiter verschärft. Truppen des Innenministeriums räumten in der Millionenstadt Charkow am Dienstag ein von prorussischen Aktivisten besetztes Verwaltungsgebäude. Dabei nahmen sie 70 Menschen fest.
Die Sicherheitskräfte hätten die Kontrolle übernommen, sagte Verwaltungschef Igor Baluta. Die «Anti-Terror-Operation» gegen Separatisten in Charkow gehe weiter.
Innenminister Arsen Awakow teilte mit, das Zentrum der zweitgrössten Stadt des Landes bleibe vorerst abgeriegelt. Bei der Räumung sei kein Schuss gefallen, berichtete der Internetsender hromadske.tv.
Moskau warnt vor Bürgerkrieg
Die russische Regierung hatte zuvor in scharfen Worten vor einem «Bürgerkrieg» in der Ukraine gewarnt. Das Aussenministerium in Moskau ermahnte die Übergangsregierung in Kiew am Dienstag, keine Entscheidungen zu treffen, die zu einer Eskalation der Lage beitragen könnten.
Die Rechte und Freiheiten sowie das Leben der Ukrainer seien stark gefährdet. Moskau hatte stets betont, notfalls seine Bürger im Nachbarland auch militärisch zu schützen. Die prowestliche Regierung in Kiew wirft Russland vor, es wolle mit Hilfe bezahlter Provokateure die Lage destabilisieren.
In der Nacht war es in der zweitgrössten Stadt des Landes zu Zusammenstössen zwischen Gegnern und Anhängern der Zentralregierung gekommen. Moskautreue Kräfte riefen – wie in der östlichen Grossstadt Donezk – eine von Kiew unabhängige Volksrepublik aus und kündigten ein Referendum über die Zukunft des russischsprachigen Gebiets nach dem Vorbild der Schwarzmeerhalbinsel Krim an.
Neue Krisengespräche vereinbart
Die USA und Russland vereinbarten angesichts der aufgeheizten Lage in der Ostukraine einen neuen Anlauf für eine diplomatische Lösung der Krise. Nach Angaben des US-Aussenministeriums drängte Ressortchef John Kerry seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow bei einem Telefonat, sich von den «Separatisten, Saboteuren und Provokateuren» zu distanzieren.
Die Aktionen seien anscheinend keine «spontane Reihe von Ereignissen», sondern eine «orchestrierte Kampagne mit russischer Unterstützung». Jeder weitere Versuch Moskaus, die Ex-Sowjetrepublik zu destabilisieren, werde «weitere Kosten» nach sich ziehen.
Beide Politiker vereinbarten direkte Gespräche binnen zehn Tagen. Daran sollten auch Vertreter der Europäischen Union und der Ukraine teilnehmen, teilte das US-Aussenministerium weiter mit.
Der Sprecher von US-Präsident Barack Obama sprach von «starken Hinweisen», dass zumindest einige der prorussischen Kräfte bezahlt worden seien. Eine offene oder heimliche Intervention in der Ostukraine bedeute eine «ernsthafte Eskalation», sagte Jay Carney. Moskau wies jede Verantwortung zurück.
Anders als auf der Krim gibt es in den ostukrainischen Gebieten an der Grenze zu Russland keine Mehrheit für einen Beitritt zur Russischen Föderation. Zudem hat Moskau die selbst ernannte Vertretungen bisher nicht anerkannt und hat auch – im Gegensatz zur Schwarzmeerflotte auf der Krim – keine Truppen dort stationiert.