Mit einem klaren Kontrastprogramm zur schwarz-gelben Koalition will Peer Steinbrück im Herbst 2013 für die SPD das Kanzleramt in Berlin zurückerobern. Der ehemalige deutsche Finanzminister wurde am Sonntag mit grosser Mehrheit zum Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewählt.
Auf einem Sonderparteitag in Hannover erhielt der 65-Jährige 93,5 Prozent der Stimmen. In seiner fast zweistündigen Rede legte er sich auf ein Bündnis mit den Grünen fest. Die knapp 600 Delegierten dankten mit mehr als zehnminütigem Applaus.
„Wir statt ich“
Steinbrück kündigte an, die soziale Gerechtigkeit zum zentralen Wahlkampfthema zu machen. „Deutschland braucht wieder mehr Wir und weniger Ich“, sagte der jetzt auch offizielle sozialdemokratische Kanzlerkandidat. „Es ist Zeit für einen Wechsel.“
Dabei stehe er selbst für die Wiederauflage einer grossen Koalition „nicht zur Verfügung“. Er wolle einen „ganzen Regierungswechsel“ und keinen halben. Steinbrück war von 2005 bis 2009 unter Merkel Finanzminister. Die nächste Bundestagswahl findet voraussichtlich Ende September 2013 statt.
Selbstkritische Töne
In Hannover ging Steinbrück auch auf die Kritik an seinen gut bezahlten Reden ein. An die Adresse seiner Partei sagte er: „Meine Vortragshonorare waren Wackersteine, die ich in meinem Gepäck habe und leider auch Euch auf die Schultern gelegt habe.“
Neben Kritik habe er aber auch „viel Solidarität“ erfahren. Zu Beginn wurde seine Rede durch ein Plakat „Genug Kohle gescheffelt“ gestört, das Greenpeace-Mitglieder in die Höhe hielten.
„Neues Gleichgewicht“
Steinbrück versprach eine klare programmatische Alternative zum Bündnis aus Union und FDP. Gebraucht werde ein „neues Gleichgewicht“ in Deutschland und Europa.
Als Beispiele für eine andere Politik nannte Steinbrück einen flächendeckenden Mindestlohn, verbindliche Frauenquoten, die steuerliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften mit der Ehe sowie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das geplante Betreuungsgeld werde die SPD zurücknehmen.
Steinbrück liegt hinten
Steinbrück liegt derzeit in allen Umfragen deutlich hinter Merkel. Nach einer aktuellen Emnid-Umfrage der „Bild am Sonntag“ konnte auch die Union ihren Vorsprung gegenüber der SPD auf 40 zu 28 Prozent ausbauen. Die Grünen liegen derzeit bei 14 Prozent, die Linkspartei käme auf sieben Prozent.
Dagegen würden FDP (4 Prozent) und Piratenpartei (3 Prozent) an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Damit könnte es weder ein schwarz-gelbes Bündnis geben noch hätte Rot-Grün eine Mehrheit.