Sepp Brunner ist nicht mehr Trainer der Schweizer Abfahrer. Die Verantwortlichen von Swiss-Ski haben den 58-jährigen Österreicher überraschend entlassen. Als Grund wird illoyales Verhalten genannt.
«Es wird im Trainerstab Wechsel geben. Konkretes kann ich dazu aber noch nicht vermelden», sagte Stéphane Cattin, der Alpin-Direktor von Swiss-Ski, am Sonntag beim Weltcup-Finale in Aspen gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Zu jenem Zeitpunkt war der Entscheid, Brunner freizustellen, längst gefallen. Der Steirer hatte am Donnerstag in Colorado die Heimreise als entlassener Trainer angetreten.
Die Fahrer, die anderen Coaches von Swiss-Ski und selbst Trainer anderer Nationen wussten über Brunners Freistellung Bescheid – und deshalb bald auch einmal der Boulevard, der in der Ausgabe vom Dienstag in grossen Lettern auf der Frontseite berichtete. Die Chefs von Swiss-Ski aber schwiegen. Von Seiten des Verbandes sollte die Öffentlichkeit von der Entlassung erst erfahren, wenn Brunners Nachfolger bestimmt ist. Eine etwas eigenartige Informationspolitik.
Entlassung kurz vor der Abreise
«Ich war schockiert. Das war unter jeder Würde», blickt Brunner auf den bitteren Moment zurück, in dem er von Cattin den für ihn nicht nachvollziehbaren Bescheid erhalten hat. «Eine Viertelstunde, bevor ich nach dem Super-G ins Auto steigen wollte, teilte mir Stéphane (Cattin) mit, dass ich freigestellt bin. Zeit für ein Gespräch blieb nicht. Das ist eine unmenschliche Art, die ich nie und nimmer verstehen und akzeptieren kann.»
Den Vorwurf der Illoyalität lässt Brunner nicht auf sich sitzen. «Ich bin ein Trainer, der seine Vorstellung umsetzen will. Logisch, dass es da Reibereien gibt. Und dass ich mit Cheftrainer Tom Stauffer nicht immer einer Meinung war, ist auch bekannt. Aber illoyal? Das bin ich nicht.»
Gemäss Cattin hat sich Brunner mehrmals nicht so verhalten, wie er es von den Angestellten von Swiss-Ski erwartet. «Seine Aussagen nach unserem Entscheid, das amerikanische Team im Vorfeld der WM nicht auf der Strecke in St. Moritz trainieren zu lassen, waren nicht der einzige Grund.» Ins Detail mochte Cattin nicht gehen.
Fatale Wortmeldung im Boulevard
Brunner hatte in Bezug auf die Absage an den US-Skiverband (USSA) seine Meinung ebenfalls in der Boulevard-Presse kundgetan. «Das Verhalten gegenüber den Amerikanern ist nicht in Ordnung», sagte er in einem Interview mit dem «Blick». «Im Gegenzug werden sie uns in Zukunft in Copper Mountain nicht mehr trainieren lassen. Ich habe deshalb unseren Chefs mitgeteilt, dass sie im nächsten November vor die Mannschaft stehen können, um zu erklären, warum wir keine guten Trainingsbedingungen mehr haben.» In Copper Mountain in Colorado, rund eine halbe Autostunde von Vail entfernt, unterhält die USSA seit gut fünf Jahren ein nationales Trainingszentrum für die Alpinen.
Brunner hätte gerne Details zu den Vorwürfen erfahren. Die Verbandsspitze ist sie ihm bis heute schuldig geblieben. «Ich hätte gerne Erklärungen. Doch ich habe bisher weder den Präsidenten (Urs Lehmann) noch den Direktor (Markus Wolf) telefonisch erreicht.»
Brunner feierte in seiner fast 20 Jahre dauernden Tätigkeit für Swiss-Ski zahlreiche Erfolge. Der von Beat Feuz in St. Moritz gewonnene WM-Titel in der Abfahrt steht am Ende einer langen Liste mit Top-Ergebnissen von Athleten, die mit dem Österreicher zusammengearbeitet haben.