Mehr als 20 Jahre nach Ende des Kalten Krieges muss ein russisches Agenten-Ehepaar wegen Spionage in Deutschland für mehrere Jahre hinter Gitter.
Wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit verurteilte das Oberlandesgericht Stuttgart den Hauptangeklagten zu sechseinhalb Jahren und seine Frau zu fünfeinhalb Jahren Haft.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die beiden Angeklagten viele Jahre für den russischen Auslandsgeheimdienst KGB und dessen Nachfolger SWR spioniert hatten. So sollen sie als biedere Familie getarnt Hunderte Dokumente zu EU und NATO an den russischen Geheimdienst SWR geliefert haben.
«Sie lieferten ihrem Heimatland aus nächster Nähe einen Blick in die deutsche Seele», sagte die Vorsitzende Richterin Sabine Roggenbrod. Die «geheimdienstliche Agententätigkeit» wiege schwer und habe für Deutschland einen deutlichen Souveränitätsverlust zur Folge gehabt.
Die Papiere stammten von einem Maulwurf im niederländischen Aussenministerium. Für die Dienste sollen die Eheleute zuletzt rund 100’000 Euro pro Jahr bekommen haben. 690’000 Euro hätten sie mit ihrer «Eichhörnchenmentalität» angespart. Wo das Geld heute ist, ist unbekannt.
Altmodische Methoden
Die Übermittlungsmethoden des Paares wirken angesichts des weltweiten Cyberspionage-Skandals fast schon altbacken: Die beiden versteckten zum Beispiel USB-Sticks in Erdlöchern und übermittelten geheime Botschaften in Kommentaren zu Fussballvideos auf der Internetplattform Youtube.
Auch über Funk habe das Paar regelmässig Kontakt zu seinen Auftraggebern in Moskau gehalten. Bei ihrer Verhaftung im Herbst 2011 hätten die Ermittler die Frau sogar «auf frischer Tat» beim Funken mit der Zentrale ertappt, so Roggenbrod.
Die Vorsitzende Richterin sagte, der russische Nachrichtendienst schätze anscheinend trotz neuer Medien die erprobten Spionagemethoden.
Zuletzt wohnte das Agentenpaar in zwei Wohnungen im hessischen Marburg und im baden-württembergischen Balingen in Deutschland. Die beiden haben österreichische Pässe, die sie als Heidrun und Andreas Anschlag ausweisen. Ihre wahren Identitäten kennt selbst das Gericht nicht.