Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) weist das Internationale Olympische Komitee (IOC) in die Schranken: Die Regel, bereits einmal gedopte Russen von Olympia auszuschliessen, ist nicht rechtens.
Am Donnerstag akzeptierte das IOC eine 271-Sportler-starke russische Delegation. Rund 70 Prozent der russischen Athleten wurden zugelassen, 100 wurden abgelehnt. Bis zu den ersten Wettkämpfen dürften aber weitere Athleten dazukommen: Schwimm-Weltmeisterin Julia Jefimowa wird in Rio starten können; Whistleblowerin Julia Stepanowa darf zumindest wieder auf eine Teilnahme hoffen.
Der CAS hielt die IOC-Regel, wonach alle Russen, die in ihrer Karriere eine Dopingsperre abgesessen haben, nicht an den Sommerspielen teilnehmen dürfen, für nicht durchsetzbar. Das Sportgericht gab der russischen Schwimm-Weltmeisterin Julia Jefimowa und den Ruderern Anastassija Karabelschtschikowa und Ivan Podschiwalow recht. Diese hatten Einspruch gegen diese Doppelbestrafung eingelegt. Die drei Athleten waren in der Vergangenheit wegen Dopings gesperrt worden, haben diese Strafen aber verbüsst.
Das IOC hatte im russischen Dopingskandal nicht nur entschieden, dass die internationalen Sportfachverbände jeden nominierten Sportler aus Russland überprüfen müssen, sondern es hatte auch verfügt, dass allen früher gedopten Russen ein Start bei den Sommerspielen verweigert wird. Mit dieser Begründung hatte das IOC auch die Teilnahme der russischen Kronzeugin und 800-m-Läuferin Julia Stepanowa verweigert. Um doch noch in Rio mit von der Partie zu sein, müsste die 30-jährige Leichtathletin ebenfalls vor dem Ad-hoc-Gericht des CAS in Rio de Janeiro noch Klage einreichen. Stepanowa hatte das systematische Doping in Russland in ihrem Sport aufgedeckt. Daraufhin schloss der Weltverband IAAF die Leichtathleten Russlands komplett von den Sommerspielen aus. Die IAAF hatte das IOC jedoch gebeten, Stepanowa wegen ihrer Verdienste im Kampf gegen Doping in Rio starten zu lassen.
«Das IOC respektiert die Entscheidungen des CAS immer», erklärte IOC-Präsident Thomas Bach. «Manchmal mögen wir die Entscheidungen nicht, aber wir respektieren sie immer.» Der Sportgerichtshof fokussierte sich gemäss Urteilsbegründung in den drei Fällen primär auf die Rechtmässigkeit des Paragrafen 3 des IOC-Entscheids. Dieser dritte Paragraf sei mit den Grundrechten der Athleten aber nicht vereinbar. Deshalb müsse den beiden Ruderern und Jefimowa das Startrecht erteilt werden – «und zwar ohne Verzögerung».
Experten hatten diese Entscheidung des CAS erwartet. Der Sportgerichtshof hat vor Jahren schon die sogenannte Osaka-Regel des IOC von 2011 für nicht rechtmässig erklärt. Diese Regel sah vor, dass Dopingsünder automatisch von den nächsten Olympischen Spielen ausgeschlossen und so doppelt bestraft werden sollen.