Die TV-Sender von Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) sind zwar immer noch Marktführer in den hiesigen Wohnzimmern. Der Marktanteil geht jedoch laufend zurück – so auch im vergangenen Jahr. Der SRF-Direktor rechnet damit, dass es wohl so weitergehen wird.
Optimistisch ist Ruedi Matter nicht mehr. Die Zeiten, in denen die öffentlich-rechtlichen Sender in der Schweiz einen Marktanteil von 30 Prozent oder mehr erreichten, seien wohl vorbei, sagte der SRF-Direktor am Donnerstag vor den Medien in Zürich: „Die Verluste werden wohl weitergehen.“
Bereits im 2011 waren die SRF-Fernsehsender erstmals unter die psychologisch wichtige Grenze von 30 Prozent Marktanteil gefallen. Damals erreichten sie noch einen Wert von 29,8 Prozent. Im 2012 ging diese Entwicklung weiter. Der Anteil sank um weitere 0,5 Prozentpunkte auf noch 29,3 Prozent, wie aus den Zahlen hervorgeht.
Verloren hat vor allem das Vor- und Hauptabendprogramm auf SRF 1, das für Werbekunden am interessantesten ist.
Kleine Spartensender als Bedrohung
Wie Matter betonte, geht es nicht nur SRF so. Verglichen mit den Verlusten der grossen Sender im Ausland komme man bis jetzt sogar glimpflich davon. Das Problem liegt in den Augen von SRF nicht an der Qualität des Programms, sondern an der veränderten Medien-Nutzung und an der stetig wachsenden Anzahl Sender.
Immer mehr Anbieter würden sich in einem limitierten Markt tummeln, sagte Matter. Eine Konkurrenz werden sie besonders dann, wenn sie sich extrem spezialisieren, also etwa nur noch Krimis zeigen, Reisereportagen oder Angeltipps. „Generalisten wie das SRF haben da das Nachsehen“, sagte Matter.
Spartensender haben in der Schweiz zwar häufig Marktanteile von weniger als 1 Prozent. Weil es jedoch immer mehr von ihnen gibt, werden sie SRF dennoch gefährlich.
Sport als letzter grosser Strassenfeger
Traumquoten wie anno dazumal erreichen mittlerweile fast nur noch die grossen Sport-Ereignisse. Sie würden es zum Glück immer noch schaffen, dass sich die Bevölkerung vor dem Fernseher versammle, sagte Matter.
Die grössten Strassenfeger waren im vergangenen Jahr der EM-Final Spanien-Italien mit 1,285 Millionen Zuschauern (Marktanteil 56,1 Prozent), der offenbar auch auf anderen Sendern gesehen wurde, und die Lauberhornabfahrt mit knapp einer Million Zuschauern und einem Marktanteil von stolzen 73,4 Prozent.
„Unverkennbar schweizerisch“
Eine neue Strategie will sich das SRF trotz sinkender Marktanteile nicht verpassen. Es setzt auch im 2013 auf „unverkennbar Schweizerisches“, so etwa auf eine Themenwoche zum Thema Wintersport, die Casting-Show „The Voice of Switzerland“ und die Volksmusik-Castingshow „Alperose“ respektive „Alperöösli“ mit Kindern.
Neues wagt SRF im Unterhaltungsbereich, wo die „Sketch-Comedy Show“ für Lacher sorgen soll. In dieser Sendung sollen vor allem unverbrauchte Autoren und Gesichter eine Chance erhalten. Auf ein beliebtes Gesicht setzt SRF hingegen im „Comedy-Quiz“ mit Beat Schlatter, einer Art „Was bin ich?“ mit Prominenten.
Probleme bei der neuen Messmethode
Seit Januar wird erstmals auch die zeit- und ortsunabhängige TV-Nutzung über das Internet gemessen. Ob diese präzisere Abbildung der Fernseh-Nutzung eine Auswirkung auf die SRF-Zahlen hat, wird sich Anfang 2014 zeigen, wenn die Zahlen von 2013 publik werden.
Bis jetzt bereitet die neue Messmethode allerdings vorwiegend Probleme. Wegen Unstimmigkeiten in den Daten verzichtet die Firma Mediapulse bis jetzt auf die Veröffentlichung der Zahlen – sehr zum Ärger der TV-Macher. Matter will unbedingt wissen, wie „Der Bestatter“ mit Mike Müller bei den Leuten angekommen ist.
Nicht vom Abwärtstrend betroffen sind die Radio-Sender von SRF. Nach wie vor sind sie die unangefochtenen Platzhirsche im Schweizer Radiomarkt. Im vergangenen Jahr erreichten sie einen Marktanteil von 60,3 Prozent, doppelt so viel wie alle Schweizer Privatradios zusammen.