Staatsanwalt fordert 15 Jahre für Berner «Heiler»

Im Berner «Heiler»-Prozess fordert der Staatsanwalt eine 15-jährige Freiheitsstrafe. Der Angeklagte sei wegen mehrfacher schwerer Körperverletzung und vorsätzlichen Verbreitens menschlicher Krankheiten zu verurteilen.

Haus des selbsternannten "Heilers" von Bern - er soll 15 Jahre ins Gefängnis (Bild: sda)

Im Berner «Heiler»-Prozess fordert der Staatsanwalt eine 15-jährige Freiheitsstrafe. Der Angeklagte sei wegen mehrfacher schwerer Körperverletzung und vorsätzlichen Verbreitens menschlicher Krankheiten zu verurteilen.

«Direkte Beweise» für die Schuld des Angeklagten gebe es zwar nicht, räumte Staatsanwalt Hermann Fleischhackl am Donnerstag vor dem Regionalgericht Bern-Mittelland ein. Die Indizienkette spreche aber eine klare Sprache. Alle Indizien zusammen liessen jeden vernünftigen Zweifel an der Schuld des «Heilers» ausschliessen.

«Der Beschuldigte hat seine Taten minutiös vorbereitet», betonte Fleischhackl. Dabei sei er skrupellos vorgegangen und habe das Vertrauen seiner Musikschüler und Patienten missbraucht.

16 Aussagen gegen eine einzige

«Es stehen die Aussagen der 16 HIV-Infizierten gegen die Aussagen des Beschuldigten», hatte der Staatsanwalt eingangs festgestellt. Die 16 Opfer hätten allesamt glaubhaft geschildert, unter welchen Umständen sie vom «Heiler» gestochen worden seien. Dieser habe mehr als einmal «bewusst falsch» ausgesagt und sich in Widersprüche verwickelt.

Dass sich die Opfer gegenseitig durch Sex oder Fixen mit derselben Nadel angesteckt hätten, wie dies der «Heiler» behaupte, sei ausgeschlossen. Es sei offensichtlich, dass mehrere Opfer vom Angeklagten gezwungen worden seien, falsche schriftliche Erklärungen abzugeben.

Auch das phylogenetische Gutachten spreche klar gegen die Theorie einer gegenseitigen Ansteckung. Die Analyse mache vielmehr deutlich, dass Sex und Fixen als sogenannte «natürliche Übertragungsarten» gar nicht in Frage kämen. Vielmehr müsse den Opfern verseuchtes Blut gespritzt worden sein.

«Ein- und dieselbe Virusquelle» sei über Jahre für die Infizierungen benutzt worden, das mache das Gutachten deutlich. Und diese Quelle müsse stets von derselben Person verwaltet und genutzt worden sein.

Motiv bleibt offen

Warum der Beschuldigte die Menschen infiziert habe, sei unklar, räumte Fleischhackl ein. Doch für eine Verurteilung müsse einem Täter bekanntlich auch kein Motiv nachgewiesen werden.

Offenkundig sei hingegen, dass der «Heiler» die Leute vorsätzlich infiziert habe. Dafür spreche unter anderem, dass er von der Infizierung mehrerer «Patienten» bereits gewusst und danach trotzdem «Behandlungen» an weiteren Personen durchgeführt habe.

«Heiler» schwänzt Prozess

Der Prozess hatte am Donnerstag eine dramatische Wende genommen. Der Angeklagte erschien nicht zu einem vom Gericht festgesetzten Termin und verschanzte sich stattdessen in seinem Haus.

Der Angeklagte war am Donnerstagmorgen zum zweiten Mal in Folge nicht vor Gericht erschienen. Zur Begründung hatte sein Verteidiger dem Gericht ein Mail vorgelegt. Darin soll die Ärztin des «Heilers» festhalten, der Mann sei bis Ende dieser Woche ausserstande, den Verhandlungen beizuwohnen.

Damit gab sich das Gericht am Donnerstag aber nicht zufrieden. Es liege kein eigentliches Arztzeugnis vor, stellte Gerichtspräsident Urs Herren fest. Das Gericht wolle endlich «wissen, was Sache ist», und habe deshalb beschlossen, den Angeklagten am Donnerstagnachmittag vorführen zu lassen.

Als die Polizei den Angeschuldigten an seinem Wohnort in Bern abholen wollte, habe dieser sich nicht kooperativ verhalten, sagte Polizeisprecher Andreas Hofmann.

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