Während Jahren hat Michael Ambühl für die Schweiz an vorderster Front verhandelt, zuletzt im Steuerstreit mit den USA. Per Ende August verlässt er seinen Posten. Der Schweiz gibt er den Rat auf den Weg, sich nicht aus Prinzip zu wehren.
Die Schweiz sei in den letzten Jahren einigermassen gut in die Kurve hinein gekommen, sagte der scheidende Staatssekretär für internationale Finanzfragen (SIF) am Montag vor den Medien in Bern. «Nun gilt es, auch den Rest der Kurve noch unfallfrei zu fahren und wieder Gas zu geben.»
Dass die Schweiz bei internationalem Druck rasch einknicke, stimme nicht, sagte Ambühl. Es sei aber sinnvoll, internationale Standards zu übernehmen, wenn dies für das Land besser sei. «Der Extrakurs oder der Widerstand darf nie Selbstzweck sein.»
Nichts Neues zum US-Steuerstreit
Im Steuerstreit mit den USA war und ist aus Ambühls Sicht indes Widerstand nötig: Die Schweiz soll keine Zugeständnisse machen, wenn es um die Forderung geht, rückwirkend neues Recht einzuführen. «Den Rechtsstaat kann man nicht wegen des Verschuldens einiger Bankiers opfern», stellte der Staatssekretär fest.
Zum Stand der Gespräche mit den USA hielt sich Ambühl bedeckt. «Zur Stunde ist noch unklar, wann und in welcher Intensität das Licht im US-Dossier leuchten wird», sagte er lediglich. Laut Medienberichten sehen die USA nach dem Scheitern der «Lex USA» im Parlament für die Banken nun erheblich höhere Bussen vor.
Kein Zerwürfnis mit Widmer-Schlumpf
Die Verhandlungen mit den USA verlässt Ambühl, bevor die Schlacht zu Ende ist. Vorwürfe möchte er sich deswegen aber nicht anhören müssen: Nach 31 Jahren im Dienste der Schweizer Diplomatie könne wohl niemand behaupten, es fehle ihm an Loyalität, konterte er.
Die Loyalität stellte der scheidende Diplomat, der oft als Verkörperung des Staatsdieners beschrieben wurde, auch an seiner letzten Medienkonferenz unter Beweis: Er stritt ab, dass Meinungsverschiedenheiten mit Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf Grund für seinen Weggang sind. Mit der Chefin habe er sich immer sehr gut verstanden, betonte Ambühl.
Die Erfahrung weitergeben
Auch wenn es wenig glaubhaft erscheinen möge: Der Wechsel an die ETH Zürich sei keine Flucht aus dem Finanzdepartement. Viel mehr freue er sich darauf, als Professor für Verhandlungsführung und Konfliktmanagement etwas von seiner Erfahrung an die Studierenden weiterzugeben.
Dass er sich beim Verhandeln für die Schweiz zuweilen auch über sein Land ärgerte, verhehlte Ambühl dagegen nicht. Zwar sei die direkte Demokratie eine Stärke, und die Positionen der Schweiz seien oft demokratisch besser legitimiert als jene anderer Staaten.
Dies heisse aber auch, dass ständig Konsultationen nötig seien – «mit hohem Risiko von Indiskretionen, was die Medien und die Verhandlungspartner freut und uns ärgert». Zuweilen wäre mehr nationaler Zusammenhalt in aussenpolitischen Fragen wünschenswert, findet der Verhandlungsprofi.