Mitglieder terroristischer Organisationen sollen eine mildere Strafe erhalten, wenn sie den Behörden wertvolle Informationen liefern. Der Ständerat hat am Mittwoch eine Motion von Claude Janiak (SP/BL) mit 23 zu 11 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen.
Der Bundesrat hatte sich bereit gezeigt, eine entsprechende Regelung zu erlassen. Nicht in Frage kommt für ihn Straffreiheit für Kronzeugen. Weil er davon ausging, dass der Vorstoss auch das verlangt, beantragte er dem Rat, diesen abzulehnen. Nach der Zustimmung im Ständerat will er nun dem Nationalrat beantragen, den Text des Vorstosses abzuändern.
Justizministerin Simonetta Sommaruga wies darauf hin, dass es schon nach geltendem Recht möglich sei, Mitgliedern krimineller Organisationen für ihre Kooperation Strafmilderung zu gewähren. Diese Regelung gelte allerdings nicht für Mitglieder von Gruppierungen wie dem Islamischen Staat oder Al Kaida. Der Bundesrat wäre bereit, die Möglichkeit der Strafmilderung auszudehnen.
Höchst wirksam
Janiak argumentierte, die aktuelle Bedrohung durch kriminelle und terroristische Organisationen stelle eine grosse Herausforderung dar. Die Strafverfolgung stosse bei der Bekämpfung mafiöser und terroristischer Strukturen an die Grenzen. Die Bundesanwaltschaft habe bei Mafia-Verfahren in der Vergangenheit «alt ausgesehen».
Die Kronzeugenregelung sei höchst wirksam, befand Janiak. Beispiele im Ausland, namentlich in Italien und den USA, belegten dies. Die Argumentation des Bundesrates könne er nicht nachvollziehen, der Text der Motion sei offen formuliert.
Grosse kaufen sich frei
Gegen den Vorstoss stellte sich Daniel Jositsch (SP/ZH). «Kronzeuge» töne toll, stellte er fest. «Wer kennt das nicht aus Mafia-Filmen.» Damit würde aber eine rote Linie überschritten. Die Kronzeugenregelung sei fehleranfällig, da sie für Täter einen Anreiz darstelle, sich möglichst interessant zu machen, um einen Deal zu erreichen.
Ausserdem sei es rechtsstaatlich problematisch, einen Täter bevorzugt zu behandeln, weil er kooperiere. Damit werde das Prinzip der Rechtsgleichheit verletzt. «Es sind dann die Grossen, die sich freikaufen können, und die Kleinen werden bestraft.» Die Grösse des Rechtsstaates aber sei es, auch Kriminellen und Terroristen mit Rechtsstaatlichkeit zu begegnen.
Keine Straffreiheit
Straffreiheit würde auch aus Sicht des Bundesrates den Grundgedanken der Rechtsgleichheit und des Schuldstrafrechts zuwiderlaufen. Sie könnte zudem das Risiko der Irreführung der Justiz erhöhen und die Bereitschaft zur Befolgung der Gesetze untergraben, schreibt der Bundesrat in seiner Antwort auf den Vorstoss.
In der Bevölkerung dürfte es kaum verstanden werden, wenn Täter durch kooperatives Verhalten straffrei ausgingen, die schwerste Straftaten begangen hätten. Über den Vorstoss entscheidet nun der Nationalrat.