Die Besteuerung von Ehepaaren spaltet das Parlament. Der Nationalrat hat sich für die Individualbesteuerung ausgesprochen. Der Ständerat dagegen möchte, dass Ehepaare weiterhin gemeinsam besteuert werden.
Am Montag hat der Ständerat eine Motion des Solothurner CVP-Vertreters Pirmin Bischof angenommen, die eine Beseitigung der «Heiratsstrafe» auf Basis der gemeinschaftlichen Besteuerung fordert. Er hiess den Vorstoss mit 25 zu 18 Stimmen gut.
Nun muss noch der Nationalrat darüber entscheiden. Dieser hatte sich allerdings im März mit 92 zu 88 Stimmen bei 6 Enthaltungen für das Gegenteil ausgesprochen: die Individualbesteuerung. Nach seinem Willen sollen Ehepaare künftig getrennt besteuert werden. Es zeichnet sich also ein Patt zwischen den Räten ab.
Knappes Nein zur CVP-Initiative
Die Fronten haben sich seit der Abstimmung im Februar nicht verändert. Damals wurde die CVP-Initiative «gegen die Heiratsstrafe» knapp abgelehnt. In 16 Kantonen gab es eine Ja-Mehrheit. Wäre die Initiative angenommen worden, wäre die Individualbesteuerung ausgeschlossen gewesen.
Die Initianten wollten in der Verfassung verankern, dass Ehepaare gemeinsam besteuert werden. Nach dem Nein ist die Individualbesteuerung weiterhin eine Option. Der Nationalrat möchte den Bundesrat beauftragen, dem Parlament eine entsprechende Steuerreform vorzulegen.
Splitting oder Teilsplitting
Die Motion, die der Ständerat am Montag angenommen hat, fordert ein Splitting-Modell. Dabei wird das Gesamteinkommen eines Ehepaars für die Besteuerung geteilt, entweder durch zwei (Vollsplitting) oder eine kleinere Zahl (Teilsplitting).
Die Befürworter solcher Modelle argumentieren, das sei die einfachste Lösung, da die meisten Kantone das Splitting eingeführt hätten. Die Individualbesteuerung bringe zusätzliche Kosten und mehr Bürokratie. Pirmin Bischof sprach von einem «Bürokratiemonster». Jedes Ehepaar müsste zwei Steuererklärungen ausfüllen, gab er zu bedenken.
Ehe als «Steuersparvehikel»
Die Verfechter der Individualbesteuerung argumentieren, diese sei das gerechteste Modell. Zudem würde sie Frauen auf den Arbeitsmarkt bringen. Die heutige gemeinsame Besteuerung halte Frauen von der Erwerbsarbeit ab, da das zweite Einkommen wegen der Progression stärker belastet werde. Das sei nicht im Sinne der Pläne, das inländische Arbeitskräftepotenzial auszuschöpfen, gab Anita Fetz (SP/BS) zu bedenken.
Andrea Caroni (FDP/AR) wies – wie bereits im Abstimmungskampf – darauf hin, dass es nicht nur verheiratete Benachteiligte gebe, sondern auch zahlreiche verheiratete Bevorzugte. Die Ehe dürfe nicht zum «Steuersparvehikel» werden.
Alternative Berechnung
Zur Diskussion steht neben getrennter und gemeinsamer Besteuerung auch eine weitere Variante: Die Steuerbehörde würde bei Ehepaaren zwei Berechnungen vornehmen, die ordentliche und eine alternative, die sich an die Besteuerung unverheirateter Paare anlehnt. In Rechnung gestellt würde dann der tiefere Betrag.
Der Bundesrat hatte schon vor der Abstimmung angekündigt, er werde einen neuen Anlauf für eine Steuerreform nehmen, um die noch existierenden Fälle der steuerlichen Benachteiligung von Ehepaaren zu eliminieren.
Finanzminister Ueli Maurer empfahl dem Rat, sich zurückzulehnen und abzuwarten. Die Heiratsstrafe habe Evergreen-Charakter, stellte er fest. «Wir werden einen Kompromiss finden müssen.» Die kleine Kammer stimmte dem Vorstoss dennoch zu.