Ständerat setzt auf Aktionsplan für Organspenden

In der Schweiz sterben jedes Jahr Dutzende von Menschen, weil kein Spenderorgan zur Verfügung steht. Aber auch in Zukunft dürfen Organe einer verstorbenen Person nur dann entnommen werden, wenn sie oder die Angehörigen zugestimmt haben.

Nierenimplantation am Universitätsspital Basel (Archiv) (Bild: sda)

In der Schweiz sterben jedes Jahr Dutzende von Menschen, weil kein Spenderorgan zur Verfügung steht. Aber auch in Zukunft dürfen Organe einer verstorbenen Person nur dann entnommen werden, wenn sie oder die Angehörigen zugestimmt haben.

Der Ständerat hat am Donnerstag einen Wechsel zur Widerspruchslösung abgelehnt. Damit könnten Organe entnommen werden, sofern sich eine Person vor dem Tod nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. Bei der Revision des Transplantationsgesetzes folgte die kleine Kammer ihrer Kommission und entschied mit 24 zu 18 Stimmen, bei der heute geltenden Zustimmungslösung zu bleiben.

Zur Kenntnis nehmen musste der Rat die dramatischen Fakten: 1165 Personen hatten Ende 2012 auf ein Spenderorgan gewartet. Bei 453 Patienten konnte im Lauf des Jahres eine Transplantation durchgeführt werden. 53 auf der Warteliste stehende Personen waren gestorben. Die tatsächliche Zahl der Toten ist nicht bekannt: Wer bereits zu krank ist für eine Transplantation, wird von der Liste gestrichen.

So unbestreitbar der Mangel an Spenderorganen, so umstritten waren die Rezepte, diesen zu beseitigen. Der Mediziner Felix Gutzwiller (FDP/ZH) pochte auf die gesellschaftliche Solidarität: Wer den Anspruch auf ein Spenderorgan habe, müsse selbstverständlich auch als Organspender zur Verfügung stehen. «Zu nehmen, aber nicht zu geben, das funktioniert hier nicht», sagte er.

Die persönliche Auseinandersetzung mit der Frage der Organspende beurteilte Gutzwiller als absolut zumutbar. Er verwies auch auf Länder wie Spanien oder Österreich, die mit der Widerspruchslösung bedeutend höhere Spenderaten hätten.

Tiefe Schweizer Spenderate

Tatsächlich werden in der Schweiz nur zwölf von einer Million Einwohnern Organspender, was einer der tiefsten Werte von Europa ist. In anderen Ländern, etwa Spanien, Österreich, Frankreich oder Italien liegt die Spenderate etwa doppelt so hoch.

Keine Studie zeige, dass dies eine Folge der Widerspruchslösung sei, entgegnete Bundesrat Alain Berset. Gerade in Spanien habe sich mit dem Systemwechsel allein überhaupt nichts geändert. Erst nach der Umsetzung eines Aktionsplans sei die Zahl der Organspenden sprunghaft angestiegen. Auch Österreich, Australien und die USA hätten solche Massnahmen erfolgreich umgesetzt.

Konkrete Massnahmen

Gesundheitsminister Berset plädierte dafür, auch in der Schweiz auf konkrete Massnahmen statt auf einen eher theoretischen Systemwechsel zu setzen. Solche hat der Bundesrat im letzten März vorgestellt.

Kernpunkte des Aktionsplans «Mehr Organe für Transplantationen» sind Koordinationspersonen auf allen Ebenen, verbindliche Spendenprozesse in allen Spitälern, der Aufbau einer nationalen Stelle sowie die Information der Bevölkerung. Erste konkrete Schritte versprach Berset noch für dieses Jahr.

Der Bundesrat hatte sich unter anderem aufgrund eines Berichts der Nationalen Ethikkommission für Humanmedizin für dieses Vorgehen entschieden. Das Gremium hatte sich gegen die Widerspruchslösung ausgesprochen, insbesondere wegen einer möglichen Gefährdung der Persönlichkeitsrechte. Dieses Argument hatte im Ständerat grosses Gewicht.

Nun beim Nationalrat

Mit dem abschlägigen Entscheid des Ständerats ist das Thema Widerspruchslösung allerdings noch nicht vom Tisch. Der Nationalrat dürfte sich in der nächsten Session mit dem Transplantationsgesetz befassen und die Frage dabei neu aufwerfen.

Dessen übrige Änderungen waren im Ständerat unbestritten. Dazu gehören die Regelung für versicherte Grenzgänger, die Anfrage engster Angehöriger, der Zeitpunkt der Vorbereitungen für Organentnahmen und die finanzielle Absicherung von Lebendspender.

Nächster Artikel