Der Ständerat unterstützt die Einführung eines elektronischen Patientendossiers. Dieses soll grundsätzlich freiwillig sein: Die Patientinnen und Patienten können selber entscheiden, ob sie eine Sammlung von Gesundheitsdaten anlegen möchten.
Zudem sollen sie den Zugriff einschränken und selbst Einsicht nehmen können. Ärzte und andere Fachpersonen haben nur Zugriff, wenn sie von den Patienten die Erlaubnis dafür erhalten. Krankenkassen und Arbeitgeber sollen nicht auf die Daten zugreifen können.
Freiwillig soll das elektronische Patientendossier nicht nur für die Patienten sein, sondern auch für Ärzte und andere Leistungserbringer im ambulanten Bereich. In dem Zusammenhang ist von «doppelter Freiwilligkeit» die Rede. Stationäre Einrichtungen wie Spitäler und Pflegeheime müssen ein elektronisches Dossier aber zwingend anbieten.
Keine zentrale Datenbank
Diese Vorschläge des Bundesrats hat der Ständerat am Mittwoch ohne Gegenstimme gutgeheissen. Nach Bedenken in der Vernehmlassung hatte die Regierung selber einige Änderungen an der Vorlage vorgenommen. So sieht das neue Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) eine spezielle Identifikationsnummer vor statt der ursprünglich vorgesehenen Identifikation über die AHV-Nummer.
Der Datenschutz ist ein zentrales Anliegen der Vorlage: So werden die Daten nicht in einer zentralen Datenbank, sondern dezentral gespeichert, wie Liliane Maury Pasquier (SP/GE), Präsidentin der Gesundheitskommission (SGK), betonte. Diese würden nur im Bedarfsfall zu einem eigentlichen Dossier zusammengestellt.
Maury Pasquier erinnerte daran, dass das elektronische Patientendossier Teil der bundesrätlichen Strategie «Gesundheit2020» ist. Ziel sei es, die Behandlungen sicherer zu machen und die Behandlungsqualität zu erhöhen.
Um die Verbreitung des elektronischen Dossiers anzukurbeln, soll der Bund finanzielle Anreize setzen können. Gemäss der Vorlage unterstützt er Aufbau und Zertifizierung von Zusammenschlüssen von Arztpraxen, Apotheken, Spitälern oder Spitex-Organisationen während dreier Jahre mit insgesamt 30 Millionen Franken.
Die Finanzhilfen stehen unter der Bedingung, dass sich die Kantone im gleichen Umfang beteiligen. Auf Vorschlag der Kommission beschloss der Ständerat, dass sich auch Kantone und Dritte an der Finanzierung beteiligen können.
Politische Akzeptanz bestimmt das Tempo
Auf grundsätzlichen Widerstand stiess das elektronische Patientendossier im Ständerat nicht. Mehrere SGK-Mitglieder zeigen sich aber etwas enttäuscht von der zurückhaltenden Vorlage. Christine Egerszegi (FDP/AG) bekundete «Mühe» damit, dass das elektronische Patientendossier sowohl für Patienten wie auch für ambulante Leistungserbringer freiwillig sein soll.
Eine zwingende Datensammlung würde derzeit wohl auf politischen Widerstand stossen. Es sei daher besser, «im Gänsemarsch zügig voranzugehen als noch einmal zu warten», sagte Egerszegi. Auch Urs Schwaller (CVP/FR) sprach von einem «ersten Schritt». Er erinnerte daran, dass das elektronische Patientendossier in einigen Spitälern und Regionen bereits Realität sei.
Ein grosser Teil der Bevölkerung sei selten oder nie auf medizinische Leistungen angewiesen, sagte Gesundheitsminister Alain Berset. Es sei daher pragmatisch, ein elektronisches Patientendossier zunächst für jene Patientinnen und Patienten zu schaffen, welche ein solches wirklich brauchten. «Wir konzentrieren uns dort, wo es nötig ist.»
Die Vorlage geht nun an den Nationalrat. In der Bevölkerung stösst das elektronische Patientendossier auf grosse Akzeptanz. Gemäss einer Anfang April veröffentlichten Umfrage stimmen rund 60 Prozent der Einführung zu. Dass das elektronische Patientendossier für Leistungserbringer freiwillig sein soll, lehnt die Mehrheit ab.