Bei Verdacht auf schwere Steuerdelikte sollen Banken künftig ihre Kunden den Behörden melden müssen. Der Ständerat hat als Erstrat Gesetzesänderungen gutgeheissen, mit welchen der Bundesrat internationale Forderungen nach einem sauberen Finanzplatz erfüllen will.
Dass es strenge Regeln gegen Geldwäscherei braucht, war am Mittwoch im Ständerat nicht umstritten. Die Schweiz habe alles Interesse daran, den Finanzplatz vor kriminellem Missbrauch zu schützen, lautete der Tenor. In den Details gingen die Meinungen aber auseinander.
Das Ziel des Bundesrates ist es, die Regeln gegen Geldwäscherei an den aktuellen Standard der «Groupe d’action financière» (GAFI) anzupassen, der OECD-Expertengruppe zur Geldwäschereibekämpfung. Das nächste Länderexamen steht im Jahr 2015 an.
Steuerbetrug neu Vortat zu Geldwäscherei
Nach GAFI-Standard müssen schwere Steuerdelikte als Vortaten zu Geldwäscherei gelten – welche Delikte genau, überlässt das Gremium den Staaten. Nach dem Willen des Ständerates soll ein Steuerdelikt dann als Vortat zur Geldwäscherei gelten, wenn die hinterzogenen Steuern 300’000 Franken pro Steuerperiode übersteigen.
Bei Verdacht auf ein Steuerdelikt in diesem Umfang müssten Banken den Kunden bei der Meldestelle für Geldwäscherei melden. Der Bundesrat hatte die Grenze bei 200’000 Franken setzen wollen. Ein Teil des Ständerates wollte die Regel abschwächen und als Bedingung einführen, dass ein solcher Betrag in zwei aufeinanderfolgenden Steuerperioden hinterzogen wurde. Dies lehnte der Rat jedoch ab.
Die umstrittene Unterscheidung zwischen Steuerhinterziehung und Steuerbetrug wird nicht tangiert: Betroffen sind ausschliesslich Steuerbetrüger nach aktuellem Steuerstrafrecht – jene also, die Urkunden gefälscht haben.
Verbot hoher Bargeldzahlungen
Weiter sollen Bargeldzahlungen von über 100’000 Franken für sämtliche Kaufverträge verboten werden. Höhere Zahlungen müssten künftig zwingend über eine Bank abgewickelt werden. Die Gegner argumentierten vergeblich, die Einschränkung gehe zu weit, und die Grenze sei willkürlich. «Warum gerade 100’000 und nicht 10’000 Franken?», fragte Martin Schmid (FDP/GR).
Die Befürworter erwiderten, Bargeldzahlungen in dieser Höhe seien ohnehin unüblich. Niemand habe ihm plausibel darlegen können, wo die Regelung zu einem Problem führen würde, stellte Claude Janiak (SP/BL) fest. «Wenn jemand an die Kunstmesse geht, nimmt er die Kreditkarte mit.»
Stefan Engler (CVP/GR) wies auf die Grenze in der EU hin, die heute bei 15’000 Euro liege und bald auf 7500 Euro gesenkt werde. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf sagte, bei der Grenze von 100’000 Franken handle es sich um eine pragmatische Lösung. Die Alternative wäre, Vorschriften je nach Branche zu erlassen.
Transparenz bei Inhaberaktien
Die GAFI und andere internationale Gremien hatten von der Schweiz auch Transparenz bei Inhaberaktien gefordert – bei Aktien also, die wie Bargeld übertragbar sind. Nun sollen Inhaberaktien einer Meldepflicht unterstellt werden.
Wer Inhaberaktien einer nicht börsenkotierten Gesellschaft erwirbt, muss dies dem Unternehmen innert Monatsfrist melden. Die Aktionärsversammlung kann auch vorsehen, dass die Meldung an eine Bank erfolgt. Transparenz kann ausserdem über die Umwandlung von Inhaber- in Namenaktien hergestellt werden. Diese soll deshalb erleichtert werden.
Gestrichen hat der Ständerat die Strafbestimmungen. Der Bundesrat möchte im Gesetz verankern, dass mit einer Busse bestraft wird, wer die Meldepflicht vorsätzlich verletzt. Der Rat lehnte dies jedoch mit 21 zu 20 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Widmer-Schlumpf wies vergeblich darauf hin, dass die Schweizer Regelung so nicht GAFI-konform wäre.
Regeln für «Strohmannaktionäre»
Die Meldepflicht besteht bei jedem Erwerb und nicht erst ab einer bestimmten Beteiligungshöhe. Zusätzlich werden aber Massnahmen gegen «Strohmannaktionäre» getroffen: Ab einer Beteiligung von 25 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen müssen Aktionäre die natürliche Person melden, die an den Aktien wirtschaftlich berechtigt ist.
Dies kann der Aktionär selbst oder ein Dritter sein. Handelt der Aktionär beispielsweise für ein Unternehmen, so muss er die Identität des an diesem wirtschaftlich Berechtigten in Erfahrung bringen. Der Ständerat folgte in diesem Punkt dem Bundesrat. Ein Teil des Rats hätte die Grenze bei 10 Prozent setzen wollen.
Politisch exponierte Personen im Inland
Schliesslich wird der Begriff der politisch exponierten Person (PEP) ausgedehnt. Bei solchen Personen müssen Banken erhöhte Sorgfaltspflichten wahrnehmen. Anders als bisher sollen nicht nur ausländische Regierungsmitglieder oder Parteiexponenten als PEP gelten, sondern auch Personen in der Schweiz, die führende öffentliche Funktionen wahrnehmen.
Personen mit führender Funktion in internationalen Organisationen sollen ebenfalls dazu zählen. Der Ständerat fügte am Mittwoch internationale Sportverbände hinzu. In der Gesamtabstimmung hiess er die GAFI-Vorlage mit 30 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen gut. Nun ist der Nationalrat am Zug.