Asylverfahren sollen künftig weniger lange dauern. Das ist das Ziel der Asylreform, die der Ständerat am Montag beraten hat. Die Pläne stiessen auf breite Zustimmung.
Mit 35 zu 3 Stimmen bei 5 Enthaltungen hat der Rat die Revision des Asylgesetzes gutgeheissen. Künftig soll das gesamte Verfahren noch maximal 140 Tage dauern, inklusive Beschwerden. Voraussetzung dafür ist, dass die Asylsuchenden für die gesamte Dauer des Verfahrens in Zentren des Bundes untergebracht werden.
Dort wären alle wichtigen Akteure des Verfahrens tätig – Mitarbeiter des Staatssekretariats für Migration, Rechtsvertreter, Dolmetscher und Dokumentenprüfer. Der Bundesrat rechnet damit, dass rund 60 Prozent aller Verfahren beschleunigt durchgeführt werden könnten.
Ja zu unentgeltlicher Rechtsvertretung
Trotz des hohen Tempos und der kurzen Beschwerdefristen sollen die Verfahren fair und rechtsstaatlich korrekt sein. Deshalb schlägt der Bundesrat vor, dass Asylsuchende eine kostenlose Beratung und Rechtsvertretung erhalten. Von rechter Seite wird dies bekämpft. Im Ständerat waren die Gegner aber chancenlos: Der Rat lehnte es mit 32 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab, diese Bestimmungen zu streichen.
Nein sagte er auch zu einem Antrag von Werner Hösli (SVP/GL), wonach die Rechtsvertretung nur auf Antrag zur Verfügung stehen sollte. Hösli und Peter Föhn (SVP/SZ) warnten vor einer Beschwerdeflut. Die Befürworter widersprachen: Das Testzentrum in Zürich beweise das Gegenteil, die Zahl der Beschwerden sei gesunken. Das habe auch damit zu tun, dass die Rechtsvertreter pauschal und nicht pro Beschwerde bezahlt würden, erklärte Justizministerin Simonetta Sommaruga.
Renitente zwingend ins Sonderzentrum
Umstritten war, ob Asylsuchende, welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder durch ihr Verhalten den Betrieb eines Zentrums stören, zwingend in einem besonderen Zentrum untergebracht werden müssen. Der Bundesrat wollte die gesonderte Unterbringung lediglich ermöglichen. Der Ständerat sprach sich aber mit 23 zu 22 Stimmen für eine zwingende Bestimmung aus.
Sommaruga gab vergeblich zu bedenken, es sei schon schwierig genug, Gemeinden für normale Zentren zu finden: «Wenn Sie mir die Gemeinde nennen, die ein Zentrum für Renitente will, lade ich Sie zum Nachtessen ein.»
Kein Sonderzentrum für Familien
Nicht gesondert unterbringen will der Ständerat Familien, Kinder und besonders schutzbedürftige Asylsuchende. Er will lediglich im Gesetz verankern, dass den Bedürfnissen von unbegleiteten Minderjährigen sowie Familien mit Kindern nach Möglichkeit Rechnung zu tragen ist.
Insgesamt brachte der Rat nur wenige Änderungen an. So verankerte er im Gesetz, dass der Bund bei der Errichtung der Zentren die Kantone und Gemeinden frühzeitig einbeziehen muss. Dies ist eine Reaktion auf die Vorfälle im freiburgischen Giffers. Dort sorgte für Empörung, dass der Bund ohne vorgängige Information der Gemeinde ein Gebäude für ein Asylzentrum gekauft hatte.
«Zu schön, um wahr zu sein»
Für die Stossrichtung der Reform erhielt Justizministerin Simonetta Sommaruga im Ständerat viel Lob. Der Ansatz sei vielversprechend, hiess es. Klar sei allerdings, dass auch damit nicht alle Probleme gelöst werden könnten. Sommaruga widersprach nicht: In der Flüchtlingspolitik gebe es kein Ei des Kolumbus, stellte sie fest.
Grundsatzkritik äusserten Thomas Minder (parteilos/SH) und Peter Föhn (SVP/SZ). Zu meinen, mit Bundeszentren sei das Problem gelöst, sei «zu schön, um wahr zu sein», befand Minder. Die Schweiz sei und bleibe viel zu attraktiv für Flüchtlinge. Der Unmut der Bevölkerung sei gross, und das sei verständlich.
Der Preis des Wohlstands
Den Kritikern wurde in der Folge vorgeworfen, gar nicht an Lösungen interessiert zu sein, weil sie das Thema sonst nicht mehr bewirtschaften könnten. Schlagworte seien nicht hilfreich, sagte Werner Luginbühl (BDP/BE). Das Flüchtlingsproblem sei Teil des Preises für den Wohlstand. Missbräuche müssten konsequent bekämpft werden. Doch man dürfe dem Volk nicht vorgaukeln, es gebe einfache Lösungen.
Viele plädierten für ein starkes Engagement in den Herkunftsländern und für gesamteuropäische Lösungen. Sommaruga pflichtete ihnen bei: Europa müsse sich zusammenraufen. Der Bundesrat begrüsse die Pläne für einen Verteilschlüssel. Und er erwarte, dass alle Länder ihre Dublin-Verpflichtungen einhielten. Das werde sie auch am (morgigen) Dienstag beim Treffen der Justizminister sagen, erklärte Sommaruga.
Zu hören waren auch Plädoyers für Menschlichkeit. Urs Schwaller (CVP/FR) erinnerte an die Krisenherde, die globalen Flüchtlingsströme und das Elend der Betroffenen. Niemand werde später behaupten können, er habe davon nichts gewusst. Robert Cramer (Grüne/GE) rief dazu auf, Asylsuchende so zu behandeln, «wie wir behandelt werden möchten, wenn wir in einer solchen Situation wären».
Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.