Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer Verlängerung des Gentech-Moratoriums um vier Jahre zugestimmt. Von einem künftigen Nebeneinander von gentechnisch veränderten und natürlichen Pflanzen, wie es der Bundesrat anstrebt, wollen die Räte nichts wissen.
Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ist in der Schweiz verboten, ein entsprechendes Moratorium hat das Parlament bereits zweimal verlängert. Ausnahmen gibt es für Forschungszwecke.
Der Ständerat stimmte am Mittwoch einer Änderung des Gentechnikgesetzes mit 39 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. Mit dem Entscheid des Parlaments wird das noch bis Ende Jahr geltende Verbot voraussichtlich bis 2021 verlängert.
Wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem Nationalrat, unter anderem betreffend einer Liberalisierung im Forschungsbereich, muss das Geschäft aber nochmals zurück zur grossen Kammer.
Eine Minderheit der Ständeratskommission hatte eine Verlängerung des Gentechnik-Moratoriums um 8 Jahre verlangt, also bis 2025. Dieser Vorschlag wurde mit 24 zu 18 Stimmen verworfen.
Umstrittene Koexistenz
Wie der Nationalrat lehnt der Ständerat allerdings die vom Bundesrat vorgeschlagene Gesetzesgrundlage für ein späteres Nebeneinander von gentechfreien und gentechnisch veränderten Pflanzen ab. Die kleine Kammer fällte diesen Entscheid mit 25 zu 18 Stimmen.
Der Bundesrat hatte eine kontrollierte Einführung von Gentech-Pflanzen ab 2021 vorgeschlagen. Er wollte Gentechnologie in speziell geschaffenen Anbaugebieten zulassen.
Damit es nicht zu einer Vermischung von gentechfreien und gentechnisch Veränderten Organismen (GVO) kommt, sollten verschiedene Schutzbestimmungen erlassen werden. Unter anderem könnten Isolationsabstände festgelegt oder Massnahmen zur Beschränkung des Pollenflugs ergriffen werden.
Das Thema führte im Rat zu einer Grundsatzdiskussion über Gentechnologie. Sorgen bereiteten vielen Ratsmitgliedern die offenen Fragen rund um die Gefahren und Risiken, die mit der Technologie verknüpft sind.
Die Akzeptanz für gentechnisch veränderte Lebensmittel sei in der Schweizer Bevölkerung nicht vorhanden oder zu klein, führte etwa Hannes Germann (SVP/SH) ins Feld. Das zeigten auch Umfragen.
«Ich sehe keine Mehrheiten für eine Zulassung von GVO in der Schweiz in nächster Zukunft», sagte Werner Luginbühl (BDP/BE). Lasse man den GVO-Anbau nicht zu, brauche es aber auch keine Koexistenzregelung. Einmal zugelassen, sei der Entscheid unumkehrbar, warnte Luginbühl.
Davor warnte auch Germann. Die Schweiz sei zu klein, gentechnische Verunreinigungen der Umwelt könnten – wenn überhaupt – nur mit sehr grossem Aufwand verhindert werden. Einmal zugelassen, liessen sich Verunreinigungen nie mehr rückgängig machen. «Man kann die Unschuld nur einmal verlieren.»
Vogel-Strauss-Politik
Eine Minderheit war der Meinung, dass die Risiken für eine Freisetzung von gentechnisch Veränderten Organismen (GVO) vertretbar seien. Sie verlangte deshalb die Einführung des Koexistenzartikels.
«Seit Einführung des Moratoriums nehmen wir die realen Entwicklungen auf der Welt nicht mehr wahr», kritisierte etwa Ruedi Noser (FDP/ZH). Ein Drittel des Saatguts weltweit sei inzwischen gentechnisch manipuliert. Diese Entwicklung lasse sich durch ein striktes Anbauverbot in der kleine Schweiz nicht verhindern.
Die Gentechnologie birgt aus Sicht der Minderheit ausserdem nicht nur Risiken, sondern auch Chancen. Auf diese Chancen ging auch Bundesrätin Doris Leuthard ein. Jede neue Technologie sei am Anfang stets mit einem gewissen Risiko verbunden, erinnerte sie.
Deshalb schlage der Bundesrat mit der Einführung einer Koexistenz einen «risikobasierten Ansatz» vor, um die Forschung und die Anwendung zu begleiten. «Unsere Aufgaben ist es nicht, Entwicklungen zu verbieten, sondern Menschen zu schützen», sagte Umweltministerin Doris Leuthard.
Sie tadelte die Parlamentarier dafür, an einem Verbots-Ansatz festzuhalten. Ein Verbot werde die weltweite Entwicklung nicht aufhalten können.
Ja zur Forschung
Der Ständerat folgte im Unterschied zum Nationalrat dafür dem Vorschlag des Bundesrats, im Bereich der Forschung eine kleine Liberalisierung zuzulassen. Der Entscheid fiel mit 24 zu 16 Stimmen bei einer Enthaltung.
Im geltenden Recht heisst es, GVO dürften «im Versuch» freigesetzt werden, wenn sie «keine gentechnisch eingebrachten Resistenzgene gegen in der Human- und Veterinärmedizin eingesetzte Antibiotika» enthalten. Diese Bedingung wollen Bundesrat und Ständerat aus dem Text streichen.
In Abweichung zum Nationalrat hat der Ständerat zudem dem Aufbau eines Umweltmonitoringsystems und den Verwaltungsmassnahmen bei Widerhandlungen gegen das Gesetz zugestimmt.
Aufgrund der Differenzen geht die Vorlage nun zurück an den Nationalrat.