Ordnungsbussen sollen künftig nicht mehr nur Verkehrssünder bezahlen müssen. Auch andere kleine Straftaten sollen auf diese unbürokratische Weise geahndet werden. Der Ständerat hat eine Revision des Ordnungsbussengesetzes mit 35 zu 0 Stimmen angenommen.
Gemäss dem Vorschlag des Bundesrates sollen künftig kleinere Gesetzesverstösse einfach, einheitlich und an Ort und Stelle mit Ordnungsbussen sanktioniert werden können. Der Ständerat, der die Vorlag am Montag als Erstrat behandelte, erklärte sich mit dem Entwurf in allen Punkten einverstanden.
Es sei eine lohnenswerte Vorlage, die Bürokratieabbau ermögliche und Betroffene vor Verfahrenskosten schütze, sagte Stefan Engler (CVP/GR) als Präsident der Rechtskommission (RK). Das Ordnungsbussengesetz sei nur auf Übertretungen von Bundesrecht anwendbar. Gehe es um kantonales Recht – etwa Littering-Bestimmungen – könnten die Kantone selbst Ordnungsbussenverfahren vorsehen.
17 Gesetze sind tangiert
Die Regierung will das Bussensystem unter anderem bei Verstössen gegen das Ausländergesetz, das Asylgesetz, das Waffengesetz, das Alkoholgesetz, das Umweltschutzgesetz, das Fischereigesetz, das Lebensmittelgesetz und das Jagdgesetz anwenden. Insgesamt 17 Gesetze sind von der Revision tangiert.
Das neue Gesetz führt nur die Gesetze auf, deren geringfügige Übertretung neu mit Ordnungsbussen geahndet werden soll. Welche Delikte im Ordnungsbussenverfahren erledigt werden sollen, will der Bundesrat später selber in einer Verordnung festlegen.
Der Bundesrat wolle die bewährte Struktur des seit rund 40 Jahren bestehenden Rechts behalten, sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. In der Botschaft nennt der Bundesrat zahlreiche Beispiele, die sich für das Ordnungsbussenverfahren eignen würden.
Nur für Bagatelldelikte
Darunter sind das Sammeln oder Ausreissen geschützter Pflanzen, das Fangen von zu kleinen Fischen, zu schnelles Fahren mit Motorbooten in der Uferzone oder die Missachtung der Leinenpflicht für Hunde im Wald. Auch der bereits im Ordnungsbussenverfahren geregelte Konsum von Cannabis ins Ordnungsbussengesetz integriert werden.
Wie bisher sollen nur Bagatelldelikte mit einer Ordnungsbusse sanktioniert werden. Um dies sicherzustellen, will der Bundesrat die maximale Höhe der Ordnungsbusse bei den heutigen 300 Franken belassen.
In einer separaten Vorlage möchte der Ständerat regeln, dass dereinst auch Sicherheitsorgane von Transportunternehmen wie die SBB Ordnungsbussen ausstellen können. Er hiess dazu eine Motion seiner RK mit 32 zu 1 Stimmen gut, gegen den Willen des Bundesrates.
Warnung vor Ungereimtheiten
Für Ordnungsbussen geeignete Übertretungen gegen das Personenbeförderungsgesetz seien Antragsdelikte, gab Bundespräsidentin und Justizministerin Simonetta Sommaruga im Ständerat zu bedenken. Ordnungsbussen könnten jedoch nur für Offizialdelikte ausgesprochen werden.
Bestimmte Antragsdelikte müssten daher zu Offizialdelikten umgestaltet werden. Dies würde zu Ungereimtheiten im Rechtssystem führen, warnte sie. «Das Verschmutzen eines Sitzpolsters wäre ein Offizialdelikt. Doch das Zerstören desselben Sitzpolsters – eine Sachbeschädigung – wäre ein Antragsdelikt.»
Sie warnte auch von Interessenkollisionen in Fällen, da Angestellte eines geschädigten Transportunternehmens selber Bussen ausstellten. Gemäss den Ausführungen des Bundesrates können Zivilforderungen – nach Schadenersatz – nicht im Ordnungsbussenverfahren erledigt werden. Es bräuchte dafür ein zweites Verfahren.
Das revidierte Ordnungsbussengesetz und auch die Motion der Rechtskommission gehen nun an den Nationalrat.