Der Ständerat will das Zweitwohnungsgesetz nicht aufweichen. Er hat am Mittwoch eine Motion des Walliser CVP-Ständerats Beat Rieder abgelehnt. Dieser verlangte, dass Hotels nicht nur teilweise, sondern ganz zu Zweitwohnungen umgebaut werden können.
Der Rat verwarf die Motion nach längerer Diskussion mit 22 zu 18 Stimmen bei 5 Enthaltungen. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Zur Debatte stand die Umnutzung von Hotels, die nicht mehr wirtschaftlich weitergeführt werden können.
Gemäss Zweitwohnungsgesetz dürfen 50 Prozent der Fläche zu Zweitwohnungen umgebaut werden. Diese Regelung war Teil der Abmachung zwischen den Fraktionschefs von SVP und FDP mit dem Komitee der Zweitwohnungsinitiative. Der Kompromiss ermöglichte eine Einigung im Parlament und bewog die Initianten dazu, auf ein Referendum gegen das Umsetzungsgesetz zu verzichten.
Für den Walliser CVP-Ständerat Beat Rieder sind das aber «halbe Sachen»: Er verlangte mit der Motion, dass das ganze Hotel umgenutzt werden darf. Die heutige Bestimmung sei schlicht nicht anwendbar, argumentierte er. Ein Hotel werde nicht rentabler, wenn es zu 50 Prozent in Wohnungen umgenutzt werde.
«Blödsinn» rückgängig machen
«Gesetze sind für die Menschen da, nicht für Funktionäre und Politiker», sagte Rieder. Politik sei ein ständiger Prozess mit dem Ziel, sich einer idealen Lösung zu nähern. Dass die 50-Prozent-Regel ein Fehler gewesen sei, stehe ausser Zweifel. Und es gebe keinen Grund, einen «gesetzgeberischen Blödsinn» nicht rückgängig zu machen. Die Regelung füge den Betroffenen schweren Schaden zu.
Unterstützung fand Rieder bei den Vertretern der Berggebiete. Auch die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK) hatte sich für die Motion ausgesprochen. Sprecher Martin Schmid (FDP/GR) stellte fest, die Ziele der Zweitwohnungsinitiative seien «mehr als erreicht». Es sei nämlich ein Baustopp eingetreten. Die 50-Prozent-Regel sei «nicht der Weisheit letzter Schluss». Entweder müssten die Hotels ganz oder nicht umgenutzt werden können.
Glaubwürdigkeit auf dem Spiel
Die Gegner sahen die Glaubwürdigkeit des Parlaments in Gefahr. Sie erinnerten daran, dass das Zweitwohnungsgesetz erst seit Anfang 2016 in Kraft ist. Das Anliegen von Rieder sei sachlich zwar gerechtfertigt, sagte Werner Luginbühl (BDP/BE). «Auch ich spüre den Druck aus Tourismuskreisen, diese Korrektur im Gesetz vorzunehmen.» Er lehne die Motion aber trotzdem ab.
«Wir sind der Ständerat», sagte Luginbühl. «Wir können Grundsätze wie Rechtssicherheit und Verlässlichkeit nicht einfach über Bord werfen.» Der Rat habe dem Kompromiss damals zugestimmt, obwohl er gewusst habe, dass dieser Punkt wenig sinnvoll sei. Das habe immerhin dazu geführt, dass kein Referendum ergriffen worden sei.
«Skandalöser» Versuch
Hannes Germann (SVP/SH) warnte, die Glaubwürdigkeit könne man nur einmal verlieren. Robert Cramer (Grüne/GE) bezeichnete das Anliegen Rieders als «skandalös». Er erinnerte daran, dass es bei der Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative im Parlament eine lange Diskussion zu dieser Frage gegeben habe. Wenn es Schwierigkeiten gebe in der Praxis, müsse man die Umnutzung von Hotels ganz unterlassen.
Der Annahme der Zweitwohnungsinitiative müsse akzeptiert, die Verfassung respektiert werden. Es gehe nicht an, nach so kurzer Zeit die Regeln wieder zu ändern, sagte Cramer. «Solche Sachen machen wir in unserem Land nicht.»
Korrekturen nach Evaluation
Stefan Engler (CVP/GR) sagte dazu, er werde die Gegner dann in anderem Zusammenhang an diese Voten erinnern. Es müsse erlaubt sein, Regeln wieder zu ändern, wenn sie sich nicht bewährten. Das Volk dürfe auch am Tag einer Abstimmung bereits eine neue Initiative lancieren. Ausserdem sei er an der Abmachung zwischen FDP, SVP und Initianten nicht beteiligt gewesen.
Die Mehrheit des Rates vermochten diese Argumente aber nicht zu überzeugen. Auch der Bundesrat stellte sich gegen die Motion – «aus Respekt vor den Entscheiden des Parlaments», wie Bundesrätin Doris Leuthard sagte. Sie gehe davon aus, dass es Korrekturen brauche werde. Zuerst brauche es aber eine Evaluation. Ein Bericht soll in vier Jahren vorliegen.
Enttäuscht zeigte sich die Hotel- und Gastrobranche. Der Ständerat verhindere damit den Strukturwandel in der Hotellerie, heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung von GastroSuisse, Parahotellerie Schweiz, hotelleriesuisse und der Schweizer Tourismus-Verband (STV). Er halte eine Regelung aufrecht, die es unrentablen Hotels faktisch verunmögliche, aus dem Markt auszutreten.