Ständeratskommission sucht Mittelweg bei Ausschaffungen

Die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK) will bei der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative einen eigenen Weg gehen. In einem Mittelweg glaubt sie diesen nun nach längerem Suchen gefunden zu haben.

Brunner und Amstutz 2012 vor der «Durchsetzungsinitiative» (Bild: sda)

Die Staatspolitische Kommission des Ständerats (SPK) will bei der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative einen eigenen Weg gehen. In einem Mittelweg glaubt sie diesen nun nach längerem Suchen gefunden zu haben.

Wie der Bundesrat lehnt sie einen strengen Ausschaffungs-Automatismus aber ab. Gemäss dem Entwurf, den die Kommission am Donnerstag nach zahlreichen Sitzungen mit 11 zu 1 Stimmen bei 1 Enthaltung verabschiedet hat, soll nämlich eine Härtefallklausel ins Gesetz eingebaut werden: Ausnahmsweise soll das Gericht auf eine Landesverweisung verzichten können, wenn diese für den Ausländer oder die Ausländerin einen «schweren persönlichen Härtefall bewirken würde» und die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung nicht überwiegen.

Ausserdem muss der besonderen Situation von Secondos Rechnung getragen werden. Dies ist den Unterlagen zu entnehmen, welche Kommissionspräsidentin Verena Diener (GLP/ZH) im Anschluss an die Sitzung den Bundeshausjournalisten abgab. Die Richter hätten damit die Möglichkeit, die konkreten Umstände zu überprüfen, «aber in einem sehr engen Rahmen», erklärte sie. Was das einzelfallmässig bedeute, werde die Praxis zeigen.

Damit schafft die Kommission – wie der Bundesrat – einen Konflikt mit dem vom Volk angenommenen neuen Verfassungstext und der zentralen Forderung der Initianten, die Umstände des Einzelfalls bei gewissen Straftaten gerade nicht zu berücksichtigen.

Zwischen den Polen

Beim Deliktkatalog hingegen orientiert sich die SPK am Text der 2010 angenommenen Ausschaffungsinitiative. Dabei geht sie insgesamt weiter als der Entwurf des Bundesrats, bleibt aber unter den Beschlüssen des Nationalrats, der die Durchsetzungsinitiative zur Vorlage für die Ausschaffungs-Gesetzgebung gemacht hat.

Ausländerinnen und Ausländer sollen in der Regel des Landes verwiesen werden, wenn sie sich eines Verbrechens schuldig gemacht haben. Das sind Delikte, bei welchen Freiheitsstrafen von über drei Jahren verhängt werden können. Das bedeutet aber nicht, dass nur ab einem bestimmten Strafmass eine Landesverweisung ausgesprochen werden kann. Anders als der Bundesrat will die SPK auf eine Mindeststrafe verzichten.

Herausgekommen ist laut Diener ein umfassender Deliktkatalog, der sämtliche Verbrechen umfasst. Diesen habe die Kommission ergänzt um jene Tatbestände, die zwar nicht Verbrechen sind, aber in der Initiative genannt werden, wie etwa Sozialhilfemissbrauch. Hingegen fehlen alle anderen Vergehen – Delikte mit einer Strafdrohung unter drei Jahren – die sowohl in der Version des Bundesrats wie auch in jener des Nationalrats eine Landesverweisung nach sich ziehen würden.

Ausschaffung von Kriminaltouristen

Aber auch bei leichteren Delikten soll der Richter einen Straftäter nach Ermessen des Landes verweisen können. Die SPK will dazu die nicht obligatorische Landesverweisung wieder einführen. Damit reagiert sie auf Straftaten, die zwar nicht schwer sind, aber die Rechtsordnung und die Sicherheit doch bedrohen, wie Diener sagte. Nach ihren Angaben hat die Kommission dabei insbesondere an Kriminaltourismus gedacht.

Das Ringen um die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative dauert seit deren Annahme im November 2010 an. Weil die SVP mit den Fortschritten nicht zufrieden war, reichte sie schon im Dezember 2012 die Durchsetzungsinitiative ein, mit der sie eine Umsetzung in ihrem Sinn erzwingen will.

Der Bundesrat hatte wegen rechtsstaatlicher Bedenken vorgeschlagen, die von der Initiative vorgesehene automatische Ausschaffung krimineller Ausländer nicht im Gesetz zu verankern. Er formulierte auch den Deliktkatalog zurückhaltender, als dies die Initianten gewünscht hatten.

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