Starker Franken bremst Wirtschaftswachstum in der Schweiz

Die Konjunkturaussichten der Schweiz haben sich gemäss den Experten des Bundes etwas verschlechtert. Sie rechnen nach wie vor aber nicht damit, dass die Schweiz wegen des starken Frankens in eine tiefgreifende Rezession rutschen wird.

Stärkste Wachstumsstütze bleibt gemäss SECO der private Konsum (Bild: sda)

Die Konjunkturaussichten der Schweiz haben sich gemäss den Experten des Bundes etwas verschlechtert. Sie rechnen nach wie vor aber nicht damit, dass die Schweiz wegen des starken Frankens in eine tiefgreifende Rezession rutschen wird.

In der neuesten Prognose vom Dienstag geht das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) für das laufende Jahr von einem realen Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0,8 Prozent aus. Im März waren die Experten des Bundes noch von einem Anstieg von 0,9 Prozent ausgegangen.

Auch die Zahlen für 2016 senkten die Ökonomen leicht. Hatten sie im März noch ein Wachstum von 1,8 Prozent errechnet, sagen sie nun eine BIP-Zunahme von 1,6 Prozent voraus.

Abhängig von Eurozone

Das SECO rechnet somit weiterhin mit einer «schmerzhaften Anpassung der Wirtschaft an die Frankenstärke». Zum Vergleich: Im letzten Dezember, also vor dem Entscheid der SNB zur Aufhebung des Euro-Mindestkurses, hatten die SECO-Experten für 2015 noch ein Wachstum von 2,1 Prozent prognostiziert.

Zugleich gehen die Ökonomen des Bundes mit ihrer neusten Prognose weiter davon aus, dass sich die Schweizer Wirtschaft ohne «tiefgreifende Rezession» an das neue Wechselkursumfeld anpassen kann. In der Leseart der Ökonomen ist eine Rezession gegeben, wenn das Wirtschaftswachstum in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen schwächer wird.

Technisch sei der Begriff Rezession für die Schweiz zwar korrekt, sagte Eric Scheidegger, Leiter der Direktion für Wirtschaftspolitik beim SECO, der Nachrichtenagentur sda. Man müsse jedoch von einer stark verlangsamten Konjunktur und nicht einer Krise sprechen. Ab dem zweiten Halbjahr rechnet das SECO mit einer Stabilisierung der Schweizer Wirtschaft. Voraussetzung dafür bleibe jedoch eine robuste Binnennachfrage und eine Erholung der Weltwirtschaft.

Mit der neusten Prognose steht das SECO im Bereich der zuletzt gemachten Schätzungen anderer wichtiger Prognoseinstitute. Die im Juni veröffentlichten Prognosen erwarten ein Wachstum zwischen 0,4 Prozent und 0,8 Prozent.

Schwacher Aussenhandel

Die gegenüber März leicht nach unten revidierte Prognose begründet das SECO mit der Konjunkturabkühlung der Schweizer Wirtschaft, dem schwachen Aussenhandel und einer leichten Abwärtskorrektur bei den Erwartungen für den Welthandel.

Im ersten Quartal 2015 sank das BIP der Schweiz um 0,2 Prozent. Die Handelsbilanz mit Waren und Dienstleistungen habe einen «deutlich negativen Wachstumsbeitrag» geliefert, was massgeblich mit der Frankenaufwertung im Gefolge der Aufhebung des Mindestkurses zusammenhänge. Der Aussenhandel dürfte über das gesamte Jahr negative Wachstumsimpulse liefern, schreibt das SECO.

Zudem seien auch die Exporte der Chemie- und Pharmabranche zurückgegangen, die üblicherweise nicht stark auf Wechselkursschwankungen reagierten. Als weiterer Grund werden die Bauinvestitionen angeführt, die im ersten Quartal zwar im positiven Bereich gelegen, jedoch an Dynamik eingebüsst hätten.

Ausserdem hätten sich die Aussichten für die amerikanische Wirtschaft verschlechtert. Stärkste Wachstumsstütze bleibt gemäss dem SECO auf der anderen Seite der private Konsum, der sogar etwas höher gesehen wird als zuletzt.

Risiko Griechenland

Die konjunkturellen Auswirkungen der Frankenstärke sind nach Ansicht der Experten des Bundes schwer abzuschätzen. Die Schweizer Wirtschaft bleibe verwundbar gegenüber weiteren starken Ausschlägen des Wechselkurses – die insbesondere wegen der Schuldenkrise in Griechenland drohten.

Das SECO rechnet im laufenden Jahr unverändert mit einer Arbeitslosenquote von 3,3 Prozent und einer rückläufigen Teuerung von minus 1 Prozent. Für 2016 wird neu eine Arbeitslosenquote von 3,5 Prozent erwartet, gegenüber einer früheren Schätzung von 3,4 Prozent.

Nächster Artikel